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UND WIE MACHST DU DAS, HELENE?



Hier ist mal wieder eine neue Folge meines Mutter-Fragebogens. Ausgefüllt hat ihn Helene, Mutter von Åsa, Beraterin für strategische Kommunikation und Inhaberin des Online-Shops "Nordliebe".

Name: Helene
Alter: 35
Mutter von: Åsa, 4 Jahre
Stadt: Berlin

Wie ist bei dir die Kinderbetreuung organisiert? Bist du zufrieden damit?
Meine Tochter geht in die Kita und wird nachmittags von mir und manchmal von unserer Kinderfrau abgeholt. An diesen Tagen kann ich länger arbeiten, das entlastet mich und ermöglicht mir eine gewisse Flexibilität.

Unter welchen Bedingungen arbeitest du? Wie funktioniert das für dich?
Bei mir sieht eigentlich kein Tag gleich aus. Ich bringe meine Tochter morgens in die Kita. Danach bin ich beim Kunden, im Büro, im Lager, habe Termine, arbeite zwischendrin mal vom Café aus, wenn es eine Stunde zwischen Terminen gibt. Alle diese Tage müssen sehr gut organisiert sein, damit alles klappt. Sonntagabend plane ich meistens die neue Woche durch. Dabei versuche ich, die Wege kurz zu halten, unnötige Fahrstrecken zu vermeiden, Telefonkonferenzen so zu legen, dass ich sie unterwegs erledigen kann. Die größte Herausforderung ist es, immer alles Notwendige dabei zu haben: den richtigen Rechner, die richtigen Unterlagen und so was wie den Spielzeugtag in der Kita und die diversen Geburtstage nicht zu vergessen. Auf Reisen kann ich auch gut arbeiten, da ich eigentlich nur Laptop, Handy und Kamera brauche. Ich mag die Abwechslung. Als Mama lernt man eh, viele Dinge gleichzeitig zu tun. Davon profitiert man auch im Job. Konzepte und Texte schreibe ich aber am liebsten in Ruhe zu Hause. Dafür eignet sich der Freitag, wenn das Telefon meistens etwas ruhiger ist. Wenn viel zu tun ist, gibt es abends noch mal eine Schicht. Es erfordert manchmal viel Selbstdisziplin, die Existenz des Sofas zu ignorieren.

Wieviel Zeit hast du für dich – jenseits deiner beruflichen und familiären Aufgaben? Reicht sie dir?
Das ist wohl auch die größte Umstellung, wenn man Kinder bekommt, dass man einfach sehr wenig Zeit für sich hat. Wenn man alleinerziehend ist, ist das natürlich noch heftiger. Man kann nicht einfach mal abends weg oder schnell zum Supermarkt flitzen. Da nimmt man das Kind dann eben mit und alles dauert doppelt so lange, weil unterwegs jede Schnecke begrüßt und jeder Kronkorken umgedreht werden muss. Aber so ist das eben. Man muss einfach einen Weg finden, wie man sich Freiräume schafft und trotzdem eine gute Mama ist. Ich finde es sehr wichtig, dass man etwas für seine Balance tut, denn nur eine glückliche Mutter ist eine gute Mutter. Ich brauche eigentlich sehr viel Zeit für mich. Ich sehe zu, dass ich mir an meinen kinderfreien Wochenenden Raum für mich nehme, zum Yoga und regelmäßig zum Laufen gehe. Das Schönste ist definitiv das Ausschlafen, eine Wohnung, die aufgeräumt bleibt (die Sicherheit zu wissen, in welchem Zustand sich ein Zimmer befindet, bevor man die Tür öffnet, ohne Überraschungsmomente wie "aha, die Heizung kann man also auch mit Edding – ist das eigentlich der permanente? – bemalen, ach, schön!") und das Ausgehen. Essen zu gehen (ohne einkaufen, kochen und aufräumen zu müssen) oder ins Kino ist einfach herrlich. Freunde zu treffen ist auch sehr wichtig, über Themen reden zu können, die sich nicht nur um Kinder drehen. Ich merke, dass ich eigentlich mehr Zeit für mich brauche, aber dann denke ich wieder: Ach, langweilen kann ich mich ja noch im Altersheim.

Hast du dir das Muttersein so vorgestellt, wie es ist? Was hast du dir anders vorgestellt?
Ich bin wahnsinnig gerne Mutter. Ich kann mir mich selbst gar nicht anders vorstellen, das ist ein wichtiger Teil von mir. Und auch, wenn es manchmal stressig ist, ist es noch viel schöner, als ich es mir vorgestellt habe.

Was empfindest du als besonders anstrengend?
Tausend Dinge gleichzeitig zu machen und viele Bälle in der Luft zu halten. Und zu arbeiten, auch wenn man eigentlich hundemüde ist.

Was macht dich besonders glücklich?
Eigentlich nichts Besonderes. Ich finde den Alltag sehr schön. Die Vorfreude im Bauch, wenn ich um die Ecke zur Kita biege. Ihr Gesicht, wenn sie mich entdeckt, auf mich zugeflitzt kommt und ihre sandig-klebrigen Ärmchen um mich schlingt, in der Abendsonne auf dem Spielplatz zusammen ein Eis zu essen, noch mal ins Kinderzimmer zu schauen, bevor man selbst ins Bett fällt.

Hast du das Gefühl, dass die Gesellschaft, die Politik, Menschen mit Kindern ausreichend unterstützt? Was müsste deiner Meinung nach besser werden?
Ich bin sehr froh, dass wir in Berlin so eine gute Betreuungssituation haben. Es ist mir ein Rätsel, wie das alleinerziehende Mütter an anderen Orten machen, wo die Kitas früh schließen, und sie trotzdem alleine die Familie ernähren müssen.

Was hast du durchs Muttersein über dich und die Welt gelernt, das du vorher nicht wusstest?
Ich finde, das Elternsein verändert noch mal die Sicht auf die eigenen Eltern und die eigene Kindheit. Das ist schon sehr interessant, wie sich da die Perspektive verändern kann. Und man wird viel härter im Nehmen und gleichzeitig so viel weicher.

Du hast 48 Stunden kinderfrei: was tust du?
Einfach raus. Ans Meer oder in eine schöne Stadt.

Was würdest du einer Frau sagen, die sich fragt, ob sie Mutter werden soll?
Den perfekten Zeitpunkt gibt es nicht. Es ist ein krasser Job, aber es ist der schönste Job der Welt.

Hier sind noch ein paar Bilder vom Nordliebe-Onlineshop mit skandinavischem Design für Kinder. Vielleicht gefällt er euch ja so gut wie mir...

Fotos: Copyright Lina Grün für Little Years. Danke, liebe Helene.


AUF EIN NEUES


Vorhin habe ich eine Liste angefangen, ich schreibe ja so gerne Listen, Listenschreiben hilft mir beim Nachdenken, beim Jahr zu Ende denken. Dinge, die ich mochte, so hieß die Liste. Und sie war ziemlich lang. Dieser Sommer in New Jersey, vielleicht der schönste Urlaub, den ich je hatte, der friedlichste auf jeden Fall, die kleinen Rituale dieser heißen Sommertage, das Fährefahren und den Fährmann grüßen, das Tret-Karussellfahren und der Cheeseburger danach (ihr Stolz, Ketchup in diese winzigen Pappschälchen zu füllen und Senf für Papa). Die abendlichen Riesen-Picknick-Einkäufe, das Erdnussbuttereis, die Spaziergänge zum Wasser, bloß um wieder und wieder diese Stadt zu sehen, am anderen Ufer. Die Fahrstunden, die ich genommen habe, obwohl mir vor Angst ganz übel war, zur Prüfung ist es nie gekommen, ich musste eine kleine Pause einlegen, aus der eine große wurde, jetzt muss ich wieder von vorne anfangen, aber immerhin, das war ein Anfang. Die Momente mit Fanny (es sind so viele, jeden Tag, erst heute, als sie beim Aufwachen vom Weihnachtsmarkt erzählte, von ihrer ersten Zuckerwatte, der Wolke, die man essen kann). Oder unser erster Kinobesuch letzte Woche. Das Leben mit ihr ist so schön, so neu, jeden Tag. Die Menschen, die ich dieses Jahr kennengelernt habe. Und die Menschen, die da waren, was für tolle Freunde. Dieses Jahr war oft ein glückliches. Es war auch oft anstrengend, sehr anstrengend, manchmal so anstrengend, dass es mich ganz ratlos gemacht hat. Ein Jahr auch der Sorge und der Abschiede. Ein Jahr, das mir so deutlich gemacht hat, wie wenig selbstverständlich dieses ganze Glück ist, der Alltag, der einen manchmal so mürbe macht. Und jetzt. Geh ich mit dem kleinen Mädchen Knallerbsen werfen. Und Glückskekse knabbern. Und Ü-Ei-Orakel orakeln. Und koche ein riesiges mexikanisches Fressfest. Und küsse um Mitternacht meine beiden großen Lieben. Und bin sentimental. Und freu mich auf 2014, auf die Dinge, die kommen, die großen und die ganz kleinen.

Kommt gut ins nächste Jahr. Ich wünsch euch ein glückliches.
(Und danke fürs Lesen und überhaupt).

UND WIE MACHST DU DAS, JENNI?



Name: Jenni
Alter: 34
Mutter von: Oskar
Stadt: Berlin
Beruf: Museologin

Wie ist bei dir die Kinderbetreuung organisiert? Bist du zufrieden damit?
Wir sind erst seit knapp einem Jahr in Berlin. Davor haben wir in Schottland gewohnt, wo wir Oskar schon vor seiner Geburt in einem Kindergarten angemeldet hatten. Mit dem Umzug nach Berlin, der relativ plötzlich kam, mussten wir den Platz natürlich aufgeben und die Suche hier neu starten. Wir hatten großes Glück und haben relativ kurzfristig einen Kita-Platz bekommen. Zuerst war Oskar nur ein paar Stunden am Tag dort, während ich auf Arbeitssuche war, seit ich arbeite, geht er nun für länger hin. Die Kita macht zwar schon um 17 Uhr zu, aber so lange ich nicht ganztags arbeite, ist das kein Problem. Er scheint dort sehr glücklich zu sein, also bin ich auch zufrieden. Das Einzige, was ich mir wünschen würde: dass die Kita nicht in entgegengesetzter Richtung zu meiner Arbeit läge - aber unter den Umständen wollen wir mal nicht wählerisch sein.

Unter welchen Bedingungen arbeitest du? Wie funktioniert das für dich?
Bevor Oskar auf die Welt kam, habe ich ganztags bei den "National Museums Scotland" gearbeitet, und wahrscheinlich wäre ich auch wieder ganztags eingestiegen. Jetzt arbeite ich nur noch Teilzeit bei den "Staatlichen Museen zu Berlin" - allerdings nicht, weil ich es so wollte. Es gab trotz der Museumsdichte in Berlin einfach keine vollen Stellen. Dafür sind meine Arbeitsbedingungen sehr gut. Ich arbeite fünf kürzere Tage die Woche, statt z.B. zwei oder drei längere, was Routine in die Woche bringt und sich gut mit den Kita-Abholzeiten vereinbaren lässt. Und wir haben Gleitzeit, was bedeutet, dass ich zwar Kernzeiten habe, aber ansonsten viel Spielraum, falls ich mal später komme oder früher gehen muss. Bisher funktioniert es sehr gut.

Wie sieht ein ganz normaler Wochentag bei dir aus?
Wie stehen meist um kurz nach 7 Uhr auf. Mein Mann geht dann duschen, während ich Oskar fertig mache und wir schon mal mit dem Frühstück anfangen. Dann frühstückt mein Mann mit Oskar zu Ende, während ich mich fertig mache. Ich bringe Oskar zur Kita und laufe von dort aus ungefähr 45 Minuten zur Arbeit. Ich arbeite dann meist bis 14 oder 15 Uhr, je nachdem, wie spät es ist, gehe ich vorher noch einmal nach Hause, um ein paar Dinge zu erledigen, oder hole Oskar direkt von der Arbeit aus ab. Wenn ich ihn zu früh abhole, meckert er. Auf dem Weg nach Hause kaufen wir oft noch fürs Abendessen ein, dann koche ich, während Oskar spielt und danach bleibt meist noch Zeit, vorm Abendessen gemeinsam etwas zu spielen. Mein Mann kommt gegen halb sieben nach Hause, und dann essen wir zusammen. Das ist uns wichtig. Danach heißt es baden, Buch lesen, Milch trinken und ab ins Bett für den kleinen Mann. So ab 21 Uhr haben wir dann Zeit für uns, oder wir arbeiten an unseren Blogs oder anderen Projekten. Oft komme ich nicht vor Mitternacht ins Bett.

Wie viel Zeit hast du für dich - jenseits deiner beruflichen und familiären Aufgaben? Reicht sie dir?
Natürlich wäre mehr Zeit immer schön, aber ich kann mich eigentlich nicht beklagen. Dass ich neben beruflichen Museumsprojekten und anderen ehrenamtlichen Museumstätigkeiten jede freie Minute mit Bloggen ausfülle, daran bin ich ja selbst schuld...

Hast du dir das Muttersein so vorgestellt, wie es ist? Was hast du dir anders vorgestellt?
So lange ich mich erinnern kann, wollte ich eines Tages Mutter werden, aber ich glaube, egal, was man sich vorher vorgestellt hat: Nichts kann einen darauf vorbereiten, wie es wirklich ist. Oskar war ein geplantes und absolutes Wunschkind, daher war es für mich besonders schwer, dass die "Liebe auf den ersten Blick", die ich mir vorgestellt hatte, wenn ich mein Kind zum ersten Mal in den Armen halte, nicht einsetzte. Meinem Mann floss das Herz fast über, ich dagegen stand diesem neuen Wesen etwas apathisch gegenüber - und war enttäuscht, ich hatte mich doch so auf diesen Moment gefreut. Es ist schwer, sich in solch einem Moment nicht als schlechte Mutter zu fühlen. Und es zuzugeben, scheint eher noch ein Tabu-Thema zu sein, was einem auch nicht gerade weiterhilft. Natürlich habe ich mich dann doch in meinen Sohn verliebt, nur war es eine Liebe, die langsam gewachsen ist. Heute geht mir, schon seit langem, das Herz genauso über und ich kann mir ein Leben ohne Oskar gar nicht mehr vorstellen.

Was empfindest du als besonders anstrengend?
Auf jeden Fall den Schlafmangel. Oskar wacht immer noch fast jede Nacht auf. Mein Mann schläft nach der nächtlichen Unterbrechung sofort wieder ein, aber ich liege dann leider noch eine Zeit wach. Ich konnte schon als Kind nur sehr schlecht einschlafen. Anstrengend finde ich auch, was zum Glück nicht so oft vorkommt, dass man sich zum Beispiel bei einer Erkältung nicht einfach mal drei Tage ins Bett legen und auskurieren kann - besonders, wenn es beide Eltern erwischt hat. Irgendwer muss ja das Kind versorgen. Da bedarf es dann schon mal der letzten Willenskraft, um auf den Beinen zu bleiben.

Was macht dich besonders glücklich?
Am Wochenende als Familie etwas zusammen zu unternehmen. Manchmal gehen wir einfach nur auf den Spielplatz hinterm Haus oder in der Nachbarschaft spazieren, bei schlechterem Wetter auch mal ins Kindercafé oder in eines der vielen Berliner Museen. Oskar ist wie alle Kinder sehr neugierig, bleibt an jeder Ameise stehen. Er ist auch ein ausgesprochen fröhliches Kind, lacht viel und gerne. Egal, ob er gerade aufgeregt ist, weil er hinter dem Haus einen Tannenzapfen gefunden hat, stolz, ganz alleine die Treppen im Jüdischen Museum gemeistert zu haben, oder sich wie eine mexikanische Hüpfbohne auf einem Gummipferd im Kindercafé austobt - es macht mich einfach glücklich, ihm dabei zuzusehen und seine Freude zu teilen.

Welches Verhältnis hast du zum Vater deines Kindes? Wie hat das Kind dieses Verhältnis verändert?
Mein Mann und ich haben ein sehr gutes Verhältnis, wir kennen uns seit acht Jahren und sind seit drei Jahren verheiratet. Als Museologin arbeite ich derzeit im Bereich Internet und Social Media, er ist Web-Developer mit einer Liebe für Museen und Kultur, also ergänzen wir uns sehr gut. Auch was die Kindererziehung angeht, haben wir ähnliche Vorstellungen, so dass es bei uns im Großen und Ganzen selten Konflikte gibt. Das entspannt das Familienleben. Unser Verhältnis hat sich aber in dem Sinne verändert, dass wir kaum noch Zeit füreinander haben, also ohne Kind. Uns fehlt bisher noch das Netzwerk an Freunden und Familie, dass wir in Schottland hatten, um einfach mal etwas alleine zu machen, während jemand für ihn vertrautes auf Oskar aufpasst. Aber das wird sich mit der Zeit bestimmt noch geben.

Hast du das Gefühl, dass die Gesellschaft, die Politik, Menschen mit Kindern ausreichend unterstützt? Was müsste deiner Meinung nach besser werden?
Soweit wir das in Deutschland bisher miterlebt haben, geht es Eltern hier relativ gut. Sicher könnte einiges besser sein, aber wir sehen das immer im Vergleich zu Schottland. Dort gibt es z.B. keine Trennung zwischen Mutterschutz und Elternzeit, man bekommt insgesamt bis zu zwölf Monate "maternity leave" (Mutterschaftsurlaub), allerdings nur neun Monate bezahlt. Viele arbeiten bis kurz vor ihrem Stichtag, um so viel Zeit wie möglich nach der Geburt mit dem Kind zu haben. Ich habe das auch so gemacht, und meinen "maternity leave" erst zehn Tage vorher angetreten - allerdings kam Oskar dann acht Tage zu spät. Ein gesetzlich vorgeschriebenes Arbeitsverbot gibt es lediglich für die zwei Wochen nach der Geburt. Väter bekommen zwei Wochen Vaterschaftsurlaub. Kindergartenplätze scheinen zwar in beiden Ländern Mangelware zu sein, aber in Schottland hätten wir fast das Vierfache an Betreuungskosten gezahlt - dabei ist das Kindergeld fast die Hälfte weniger als in Deutschland. Als Familie fühlen wir uns in Deutschland auf jeden Fall besser unterstützt.

Was hast du durchs Muttersein über dich und die Welt gelernt, dass du vorher nicht wusstest?
Ich bin von Natur aus ein recht ungeduldiger Mensch und habe mich selbst überrascht, wie relativ leicht es mir fiel, die Geduld an den Tag zu legen, die als Mutter oft erforderlich ist. Und ich habe gelernt, dass ich, abgesehen von den Anfangsschwierigkeiten, nicht zur "stay at home mum" geboren wurde. Auch hier fühlte ich mich zuerst als Rabenmutter, weil ich lieber wieder arbeiten gehen wollte als den ganzen Tag mit meinem Kind zu verbringen. Aber ich habe meine Arbeit zu sehr vermisst und schließlich eingesehen: "Ich bin keine schlechte Mutter, ich bin einfach nur ein Mensch." Zum Glück ist Oskar das geborene Kindergartenkind, wie gesagt, wenn ich ihn zu früh abhole, dann meckert er. Und die gemeinsame Zeit am Abend und am Wochenende genießen wir dann umso mehr. Von der Welt - und besonders von Müttern untereinander - würde ich mir wünschen, dass sie toleranter untereinander wären...

Du hast 48 Stunden kinderfrei: was tust du?
Das hört sich jetzt vielleicht verrückt an, aber ich würde mich gerne mal so richtig beim Sport auspowern. Bevor Oskar geboren wurde, habe ich in Schottland ein bis zwei Mal die Woche Bodycombat gemacht und war mehrmals in der Woche schwimmen. Jetzt habe ich einfach keine Zeit mehr dazu. Ich laufe zwar fast überall zu Fuß hin, aber das ist halt eine andere Art von Bewegung. Danach würde ich mich in einem gemütlichen Café mit Tee und Kuchen einnisten und ohne Unterbrechungen in einem Buch schmökern. Oder vielleicht fahre ich doch lieber für 48 Stunden nach Hamburg oder Dresden und schaue mir die vielen tollen Museen dort an, das steht schon lange auf meiner Wunschliste!

Was würdest du einer Frau sagen, die sich fragt, ob sie Mutter werden soll?
Ich glaube, das kann jede Frau nur für sich selbst entscheiden. Manchmal kommt es einem so vor, als gäbe es nie den richtigen Zeitpunkt, aber man muss einfach auf sein inneres Gefühl hören. Und ja, es ist sehr, sehr viel harte Arbeit, und Tränen sind nicht immer Tränen des Glücks. Aber es macht einen auch glücklich und erfüllt und stolz. Ich habe es jedenfalls, auch in den schwierigen Stunden, noch nie bereut.

Vielen herzlichen Dank, liebe Jenni! Die anderen Mutter-Fragebögen sind hier nachzulesen.

23 MONATE



Liebe Fanny,

heute morgen wollte ich die Tafel abwischen, auf der wir immer notieren, was gerade einzukaufen ist, Spültabs, Ketchup und Kaffee stand da, und ein bisschen tiefer, darunter, eine 1, eigentlich nur noch zu erkennen, wenn man weiß, was da einmal gestanden hat. Heute vor genau zwei Jahren stand da 40. Mein Bauch war schon riesig und du so groß, dass ich bequem Gläser auf meinem Bauch abstellen konnte und Schüsseln voller After Eights, von denen ich nie genug bekommen konnte. Ich war schon ein bisschen ungeduldig, Dich endlich zu sehen, ich war sogar sehr ungeduldig, ungeduldiger als ich war nur Dein Vater, Fanny. Jeden Abend hat er mit Dir geredet. Und jeden Morgen. Manchmal sogar nachts, wenn er gedacht hat, dass ich es nicht höre. Und immer, wenn er in meinen Bauch geflüstert hat, bist Du gehüpft, jedenfalls hat es sich so angefühlt (lustig - heute hüpfst Du noch immer, wenn du dich über etwas freust, Du sagst hops, hops und springst durch die Wohnung, wild und glücklich, hops, hops). Damals haben wir die Tage bis zum Geburtstermin heruntergezählt, jeden Morgen die alte Zahl weggewischt und eine neue hingeschrieben, die 9, die am Ende auf der Tafel stand, als es losging, neun Tage zu früh, habe ich noch Wochen später nicht wegwischen können. Und als ich heute die 1 wiedergefunden habe, unter dem Ketchup und dem Kaffee, die 1, die da irgendwann einmal gestanden haben muss, als Du noch gar nicht auf der Welt warst, 100 und ein paar Tage vor Deiner Geburt, habe ich versucht, mich an die Zeit zu erinnern, als Du noch nicht bei uns warst.

Weißt Du was? Es ist mir wirklich schwer gefallen. Du bist so sehr da, dass ich mir kaum vorstellen kann, dass es tatsächlich mal eine Zeit gab, in der Du nicht da gewesen bist - eine Zeit, als wir zu zweit und nicht zu dritt waren, ein Paar, noch keine Herde. Was mir dann noch eingefallen ist: Es gab nicht einen einzigen Tag mit Dir, den ich nicht geliebt habe. Nicht einen. Es gab anstrengende Tage, Tage, an denen ich vor Überforderung geheult habe, Tage, an denen Du krank warst und wir krank waren, aber nicht krank sein durften, weil Du doch krank warst, Tage, an denen ich schon morgens am liebsten desertiert wäre, weil wir spät dran waren und Du deine Jacke nicht anziehen wolltest und die Schuhe schon gar nicht und Dich auf die Erde geworfen und geschrien hastMorgende, an denen ich schon vor dem ersten Kaffee dachte, jetzt kracht die ganze Welt zusammen. Manchmal war ich so müde, dass es richtig weh getan hat. Aber selbst an Tagen wie diesen warst da immer noch Du. Selbst an Tagen wie diesen war das Gefühl, das unter allem allem lag, wie ein dicker Teppich, immer Liebe. Seit Du da bist, bin ich ein so viel glücklicherer Mensch, Fanny. Du machst mich so glücklich wie mich noch nie im Leben etwas glücklich gemacht hat (außer vielleicht Dein Papa, aber der wird es mir nicht übel nehmen, wenn ich Dir das schreibe, ihm geht´s ja genauso).

Es macht mich glücklich, wenn Du auf meinem Schoß sitzst, alle meine Aquarellstifte auf meinem Schreibtisch ausschüttest, nach einem Glas Wasser verlangst und dann anfängst zu malen, fast immer eine Rutsche, manchmal eine Katze, Kreise, Striche, so entschieden, wie man als Erwachsener später nie mehr malt. Hinterher nimmst Du einen Pinsel, tauchst ihn in das Glas und setzt das Blatt und den Schreibtisch unter Wasser, weil ich Dir mal gezeigt habe, dass man die Striche mit Wasser verwischen kann. Es macht mich glücklich, wenn Du Dich mit mir aufs Sofa legst und Dir in meinem Arm ein Buch ansiehst und meine Hand hältst oder Deine Hand in meinen Ärmel schiebst und sie da verknotest und wir einfach daliegen. Manchmal sagst Du Ohhh. Oder Löwe suchen. Oder Oh, nein, Mama, Hund AUA, weil der Hund im Buch vom Fahrrad gefallen ist, und ich wünsche mir, dass wir nie wieder aufstehen müssen und ewig nur einfach daliegen könnten. Es macht mich glücklich, wenn ich einen Kuchen backe und Du Dir ganz aufgeregt den weißen Tritt an den Tresen schiebst und hochkletterst und Fanny auch backen sagst, und Deine Stimme beim auch diesen Glückskiekser nach oben macht, weil Du Dich so freust. Und ich Dir die Packung mit den Eiern gebe, die aufgeschlagen werden müssen, weil ich Dir immer die Eier aufhebe, und Du die Eier nimmst und sie mit Entzücken (und Schale) in die Schüssel knackst. Es macht mich glücklich, wenn Du singst, Du singst noch gar nicht so lange, drei, vier Wochen vielleicht, am liebsten zu Alicia Keys Empire State of Mind, Du liebst dieses Lied, sobald Du es hörst, breitest Du die Arme aus und singst, lalalaaaa, lalalaaaa. Es macht mich glücklich, dass Dein erstes Wort gleich nach Mamapapa Nein lautete, eines der allerwichtigsten Wörter, die es gibt, finde ich, schon gleich für ein Mädchen, mein Gott, wie lange ich gebraucht habe, um mir meine Neins zuzutrauen. Du sagst oft Nein, Fanny, und immer sehr entschieden. Es macht mich glücklich, wenn Du jeden, den Du siehst, begrüßt, während Du hinter mir auf dem Fahrrad sitzst, Hallo Kind sagst oder Hallo Hund, manchmal begrüßt Du auch die Tiere in den Büchern und den Stuhl in der Küche. Wie freundlich Du bist. Und wie mitfühlend. Letzten Sonntag, als es so irre geregnet hat, hast Du meine Hand genommen und bist mit mir ans Fenster gegangen, um Dir mit mir den Regen anzusehen. Oh nein, sagte ich, da wird Dein Papa ja ganz nass, eigentlich hatte ich nur laut gedacht, aber Du warst ganz untröstlich. Oh nein, hast Du gesagt, Papa nass. Dann hast Du Dich vor das Fenster gestellt und gepustet, damit er schnell wieder trocknet, Papa pusten, Mama, Papa pusten, und ich musste auch pusten wie sonst nur, wenn Du Dir weh getan hast. Es macht mich glücklich, Dir dabei zuzusehen, wie Du Dich selbst vergisst, wenn Du malst, spielst, tanzt, völlig versunken in das, was Du tust. Es macht mich glücklich, Dir beim Rennen zuzusehen, wie Du einfach losrennst, wenn Dir danach ist, in diesem Wahnsinnstempo, das man so einem kleinen Körper gar nicht zutraut, nur, weil Du rennen magst, das Rennen magst. Es macht mich glücklich, wenn du auch ein Handtuch zusammenlegen willst, während ich die Wäsche mache, und wie Du dann dieses Handtuch nimmst und haargenau so ausschüttelst wie ich es immer mache (irre, was Du alles nachmachst und wie genau du es nachmachst, Fanny, manche Dinge an mir fallen mir erst auf, wenn ich sehe, wie Du sie nachmachst, gestern hast Du zu Deiner Puppe Naaa, Süße? gesagt wie ich es manchmal zu Dir sage, ich konnte noch ein halbe Stunde später nicht aufhören zu grinsen). Es macht mich glücklich, dass Du eine Quatschmacherin bist. Es macht mich glücklich, wie Du Dir meine Ringe klaust und sie anziehst und sagst, dass es jetzt Deine sind. Es macht mich glücklich, wie Du Dich an mich schmiegst, wenn Du müde bist oder Dich verstecken willst, wenn wir Besuch haben oder Du jemanden noch nicht so gut kennst. Du hast ja keine Ahnung, wie es sich anfühlt, wenn sich so ein kleiner Kinderkopf in deine Halskuhle schmiegt, jeden Zentimeter ausfüllend, Fännchen. Es macht mich glücklich, das Trappeln zu hören, wenn Du nach dem Mittagsschlaf den Flur hinunter läufst, dein Kinderfußtrommelwirbel, trapp, trapp, trapp. Und Dein Gesicht direkt nach dem Aufwachen, die Haare in alle Richtungen abstehend, die Backe noch ein bisschen rot vom Kissen und ganz warm. Es macht mich glücklich, Dir beim Schlafen zuzusehen, in Deinem lila Schlafanzug mit den weißen Streifen, der noch ein kleines bisschen zu groß ist. Und glücklich, dass ich immer weiß, ob Du tief schläfst oder gleich aufwachst, ob Du gut träumst oder schlecht, weil ich Deinen Atem auswendig kenne, Fanny. Es macht mich glücklich, einen Strich an den Türrahmen zu malen und das Datum daneben zu schreiben, in den letzten vier Wochen bist Du zwei Zentimeter gewachsen. Und wie ich gleich nach dem Strich über Deinem Kopf auch einen Strich für Teddy an den Türrahmen malen musste, weil Du darauf bestanden hast, dass auch Teddy vermessen wird. Es macht mich glücklich, wenn ich Dich vom Kindergarten abhole und Du mit weit ausgestreckten Armen in meine rennst, Dich reinfallen lässt in mich. Es macht mich glücklich, mit Dir eine Höhle zu bauen und in der Höhle zu liegen und im Licht der Hasenlampe die Cupcakes zu futtern, die wir freitags nach der Kita manchmal kaufen, Schokolade mit Smarties für Dich, Mokka oder Snickers für mich. Glücklich, glücklich, glücklich.

Das wollte ich Dir heute eigentlich nur sagen. Die Welt ist soviel schöner mit Dir. Heute bist Du genau 100 Wochen oder 700 Tage alt. Ich habe jeden davon geliebt, mein Fännchen, auch die, die ich nicht geliebt habe.

Es küsst Dich,
Deine Mami


UND WIE MACHST DU DAS, CAROLINE?


Name: Caroline Adam
Alter: 25
Mutter von: Leonard Caspar "Lenny" (4 Monate)
Stadt: Berlin
Beruf: selbstständige Grafikdesignerin

Wie ist bei dir die Kinderbetreuung organisiert? Bist du zufrieden damit?
Kinderbetreuung gibt es bei uns noch nicht, Lenny ist ja erst vier Monate alt. Ich habe auch noch nicht im Ansatz begonnen, mich darum zu kümmern. Finde es irgendwie schräg, sich auf etliche Wartelisten setzen zu lassen - oft schon, wenn das Kind noch nicht einmal geboren ist - und dann am besten noch ein Motivationsschreiben aufsetzen....? Nee.

Da mein Mann und ich selbstständig sind, können wir es uns etwas besser einteilen als Eltern im Angestelltenverhältnis. Dazu kann ich mir gut vorstellen, mir mit zwei, drei Müttern für einen Teil der Woche eine Tagesmutter zu suchen, die dann unsere kleine Gruppe betreut. Das finde ich überhaupt schön, weil es dann familiärer ist und die Kleinen trotzdem mit anderen Kindern spielen können. Der Rest der Woche ließe sich dann zwischen Urgroßoma, Papa und mir selber organisieren. Irgendwie klappt es doch immer, oder?

Unter welchen Bedingungen arbeitest du? Wie funktioniert das für dich?
Noch bin ich in Elternzeit mit Elterngeld und bin daher nicht gezwungen, Aufträge anzunehmen. Ich hatte seit der Geburt schon ein paar Anfragen, aber habe mich bewusst gegen die meisten entschieden, da ich viel zu viel hätte jonglieren müssen. Das erste Jahr mit Kind ist so unersetzbar, dass ich es voll auskosten möchte. Außerdem hatte ich es auch ein wenig unterschätzt, wie viel Bespaßung so ein kleiner Mann tatsächlich braucht, da bleibt einfach wenig Zeit für Business. In Lennys Schlafphasen schaffe ich dann immerhin ein paar Kleinigkeiten: alte Projekte pflegen, kleinere Jobs, an einem neuen Konzept arbeiten und recherchieren...

Wie sieht ein ganz normaler Wochentag bei dir aus?
Lenny wird zwischen 5:30 Uhr und 6:30 Uhr wach. Dann stillen, kuscheln, wickeln, kuscheln. Dann wird mein Mann wach, wir genießen beide noch ein wenig Zeit mit dem Kleinen zusammen, lachen, blödeln. Dann steht einer auf, macht Kaffee und Obstsalat, den wir dann in der Morgensonne auf unserer Terrasse genießen. Meistens husche ich dann noch schnell unter die Dusche, bevor mein Mann ins Büro muss. Wenn ich Glück habe, legt Lenny noch ein Nickerchen ein und ich kann ein wenig lesen, surfen oder arbeiten. Zwischendurch wird noch unsere Katze Aomame bespielt. Oder sie darf mit uns auf dem Bett kuscheln, wenn sie nicht versucht, Lenny den Kopf zu lecken oder sein Spielzeug zu klauen. Beides hat sie nach dem 600sten Nein nicht aufgegeben, was man ihr ja auch nicht verübeln kann. Dann geht es raus an die frische Luft, mal länger, mal kürzer. Berlin ist einfach so herrlich im Sommer...! Ich treffe mich viel mit anderen Muttis, gehe zum Yoga oder mit Freunden Kaffee trinken. Manchmal bin ich auch den ganzen Tag mit Lenny allein unterwegs und bummle durch die Stadt. Seit die ersten drei Monate um sind, fühlt es sich wirklich ein wenig an wie die großen Sommerferien. Aber die ersten drei Monate, da muss frau eben durch...

Mein Mann kommt meistens gegen 20 Uhr nach Hause, wenn nicht noch ein Essengehen, Barbesuch oder eine Geschäftsreise auf dem Plan steht. Seit Neuestem bringen wir Lenny ziemlich regelmäßig um 20 Uhr ins Bett. Ich entertaine ihn dann müde, wir singen noch ein Gute-Nacht-Lied und er schläft dann tatsächlich, was meinem Mann und mir endlich mal wieder ein paar Momente Zweisamkeit schenkt und die Gesprächsthemen nach egöööö, egööö, ngaaiii wieder in andere Sphären hebt. Spätestens um 23 Uhr fallen wir aber auch knülle ins Bett. Ich bin dann natürlich nachts noch 1-2 Mal wach zum Stillen. Ich freue mich immer tierisch aufs Wochenende, zu dritt ist es am schönsten und Mama hat dann auch mal eine Hand frei.

Wieviel Zeit hast du für dich - jenseits deiner beruflichen und familiären Aufgaben? Reicht sie dir?
Naja, dass das erste Jahr mit Kind kein Selbstverwirklichungstrip wird, war klar, dennoch hatte ich mir keine Vorstellung davon gemacht, dass ein Neugeborenes so viel Aufmerksamkeit braucht und dass man als Mama dann eben doch die letzte Instanz ist, wenn gar nichts mehr geht. Lenny hat immer sehr wenig geschlafen, war ein Vollzeit-Tragekind, wollte andauernd gestillt werden, was anfangs nicht so richtig klappen wollte. Und Lenny ist ein pflegeleichtes Kind mit viel guter Laune und wenig schreien. Trotzdem waren die ersten drei Monate sehr kräfteraubend und ich war rund um die Uhr on Air. Am Anfang hat mich das ehrlich gesagt etwas fertig gemacht, ich wollte alles unter einen Hut bekommen und es hat mich gefrustet, das nicht zu schaffen und ich dachte, das würde sich nie ändern (was es ja zum Glück tut). Ich glaube, dass man sich als Frau heutzutage viel zu viel Stress macht und sich getrieben fühlt, schnell wieder das Super-Ich zu sein - Mama, Job fünf Yoga-/ Baby-Kurse, toll aussehen und nebenbei noch jede Tageszeitung auswendig können, jeden Blog gelesen haben. Geht eben nicht. Da ist dieses kleine Wesen, was dich voll braucht und das ist auch gut so. Alles zu seiner Zeit. Dennoch freue ich mich (mit aller notwendigen Geduld) auf meinen ersten Gin Tonic. An einer Bar. Ohne stillfreundliches Oberteil.

Hast du dir das Muttersein so vorgestellt, wie es ist? Was hast du dir anders vorgestellt?
Psychisch: Es ist wohl kaum in Worte zu fassen, was da für eine Wucht an Emotionen auf einen zukommt. Diese Liebe, die unglaublicherweise jeden Tag noch mehr wird, die Unsicherheit, ob man alles richtig macht, das Mitgefühl, wenn das Baby ´nen Pups quer sitzen hat, die Freude über alles Neues, das Entzücktsein über die kleine Babyspeckhand und dann dieses ewige Kennenlernen und wieder Loslassen, bei der Geburt, das Neugeborene, das Baby, dann das Kleinkind. Man wird schon ein bisschen bescheuert im positiven Sinne und davon hatte ich nur eine grobe Ahnung. Es ist toll. Ehrlich. Und es ist gut, dass auf einmal alles in Relation steht. Das vieles so unglaublich unwichtig geworden ist, die schlechten Nachrichten, die überfüllte U-Bahn, der nervige Kunde. Irgendwie freue ich mich schon auf das zweite Kind, da weiß man dann, dass es komplett egal ist, ob man Stoff- oder Plastikwindeln benutzt, dass die blöden Blähungen irgendwann vorbei sind und das erste Lächeln dann eben kommt, wann es kommt. Und außerdem amortisieren sich dann hoffentlich die Myriaden an Anschaffungen.

Physisch: Herrje, ich hätte schon gerne meinen Prä-Mama-Ära-Körper wieder. Ich sehe leider noch in 50 Prozent meines Kleiderschranks aus wie eine Presswurst und werde wohl nie wieder Bikini tragen, ABER: Ich rauche und trinke nicht, bin täglich etliche Stunden an der frischen Luft, gehe joggen und esse viel bewusster und besser. In dem Sinne fühlt sich das auch alles gut und richtig an. Und ich bin stolz auf meinen Körper, dass der das alles so wuppt.

Was empfindest du als besonders anstrengend?
Noch bin ich nicht in Spielplatz-Zickereien geraten, fand es immer toll, wenn Freunde meinen Bauch angefasst haben, habe ein sehr nettes Mutti-Netzwerk in Kreuzberg, muss mir keine doofen Ratschläge anhören. Es gibt tolle Kursangebote, die den Tag nicht zu lang werden lassen, ich habe einen tollen liebevollen Mann und nicht zuletzt ein ganz bezauberndes Kind, was lediglich ab und zu mal eeetwaaas zeitaufwendig ist, aber wirklich anstrengend...? Wenn ich nicht selber anstrengend zu mir bin und ich mir ab und zu die oben beschriebenen Relationen vor Augen halte, gibt es rein gar nichts. (Ha, wart mal ab, bis die Zähnchen kommen, denken jetzt bestimmt alle, gell?).

Was macht dich besonders glücklich?
Ich bin noch zu hormongeflutet, um das ernsthaft objektiv beantworten zu können. Hehe. Also: Mein Kind macht mich glücklich, mein kleiner und mein großer Mann, meine eigene kleine Familie. Der Moment. Alles. Sehr sogar. Weil es mir auch zeigt, dass ich genau das Richtige gemacht habe. Weil es nicht immer so schön in meinem Leben war und vielleicht auch nicht immer sein wird. Deswegen einfach genießen, wie es ist.

Welches Verhältnis hast du zum Vater deines Kindes? Wie hat das Kind dieses Verhältnis verändert?
Mal abgesehen von dem (fehlenden) gemeinsamen Glas Wein am Abend und der damit verbundenen Zeit, hat sich nicht viel geändert. Na gut. Wir haben drei Tage vor der Geburt geheiratet, nur mit Trauzeugen, ganz unprätentiös mit viel Spaß und wenig Stress. Irgendwie wollten wir beide dieses "Familie". Wir drei. Ganz klassisch mit Trauschein. Ohne Antrag auf Vaterschaft und Sorgerechtgedöns (was für ein Blödsinn...!). Die Verbundenheit ist (noch) stärker, das Teamwork, die Organisation. Vorher haben wir mehr in den Tag hinein gelebt, sind sonntags auch mal erst um 14 Uhr aufgestanden. In einer Beziehung muss man sich wohl einfach die Zeit geben, sich in die neue Rolle als Mama und Papa einzufinden. Es ist irgendwie schade, dass die erste Zeit mit Baby so auf die Mama fixiert ist, aber das wird sich ja mit Einführung von Brei, Betreuung und Bobby Car relativieren. Jeder muss Abstriche machen. Trotzdem sind wir beide immer noch Wir. Und er Er. Und ich Ich. Ich hoffe, das können wir uns auf Dauer bewahren.

Hast du das Gefühl, dass die Gesellschaft, die Politik, Menschen mit Kindern ausreichend unterstützt? Was müsste deiner Meinung nach besser werden?
Vorweg: Wenn mich eines nervt, dann sind das Leute, die auf ihren gepolsterten Hintern sitzen und sich von da aus beschweren. Echt mal. Uns geht es so gut in Deutschland, siehe allein den Vergleich mit der Schweiz (und Hanna und Till). Nirgendwo wirst du so aufgefangen wie hier, vom Arbeitslosengeld bis hin zum Mutterschutz, Elterngeld, Krankenversicherung, Künstlersozialkasse. Selbst denjenigen, die aus dem System fallen, steht man zur Seite (Mama, alleinerziehend, arbeitslos ohne Studienabschluss). Man kann sich nicht immer auf andere bzw. den Staat verlassen, sondern eben auch mal flexibel sein und/oder umdenken. Das Elterngeld hat mich nicht zur Mutter werden lassen, aber es sorgt dafür, dass ich meinem Baby momentan voll Mama sein kann und mich eben nicht mit Volldampf wieder in die Arbeit stürzen muss. Die Betreuungssituation könnte natürlich besser sein, die mittelständischen Unternehmen dürften weniger gemolken werden, das Bildungssystem sollte angepasst werden... aber eben könnte, sollte, müsste.

Was ich toll finde, mit wie vielen neuen Menschen man in Kontakt kommt. Es ist irgendwie ganz viel Menschlichkeit in der Luft. So ein Kind öffnet ungemein.

Was hast du durchs Muttersein über dich und die Welt gelernt, dass du vorher nicht wusstest?
Ich bin ganz beeindruckt, dass so ein kleiner Mensch uns große Menschen schon so sehr den Spiegel vor´s Gesicht hält. Wie meine Stimmung sich in seiner Stimmung findet und wie ich mich dadurch reflektiere und jetzt lieber dreimal tief Luft hole anstatt mich von irgendeinem Mist nerven zu lassen und es dann auf den Kleinen zu projizieren. Dass alles gut ist, wenn man es denn gut sein lässt.

Du hast 48 Stunden kinderfrei: was tust du?
Sooooo laaaange?!?

Was würdest du einer Frau sagen, die sich fragt, ob sie Mutter werden soll?
Ach, das ist so schwierig. Jeder lebt so in seinem eigenen angeboren-angelernten-aufgesetzten Mikrokosmos aus Pro und Contra. Jedem das Seine. Aus meiner psychologisch-korrekten Ich-Perspektive: Unbedingt!

Vielen Dank, liebe Caroline!
Hier sind die Fragebögen von Viola, Hanna, Mailis,  Isabelle, Indre, Kati und Jule.
Falls ihr jemanden kennt, der diesen Fragebogen unbedingt beantworten sollte, schreibt mir doch eine Email an postanslomo(at)googlemail(dot)com.
Ein schönes Wochenende!



UND WIE MACHST DU DAS, INDRE?


Name: Indre Zetsche (alias MiMa)
Alter: 39 Jahre
Mutter von: Milan (19 Jahre) und Mascha (fast 4 Jahre)
Stadt: Berlin
Beruf: Unternehmensberaterin (Schwerpunkt Kommunikation und Beteiligung)

Wie ist bei dir die Kinderbetreuung organisiert? Bist du zufrieden damit?
Mit der Betreuung bin ich sehr zufrieden. Nur manchmal ist mir zu viel Betreuung nötig. Mascha geht seitdem sie ein Jahr alt ist in eine Kindertagesstätte (staatlich), die bei uns in unmittelbarer Nachbarschaft liegt und von 7.30 bis 17.30 Uhr geöffnet ist. Über das Angebot kann ich mich wirklich nicht beklagen! Und die Erzieher/innen sind wirklich klasse! In der Regel ist Mascha von 8.30 bis 17 Uhr dort. Seitdem mein Mann auch Vollzeit arbeitet, haben wir an zwei Tagen eine Kinderfrau. Sie holt Mascha um 16 Uhr ab und ist bis 18.30 Uhr für sie da. Dann kommen wir nach Hause.

Unter welchen Bedingungen arbeitest du? Wie funktioniert das für dich?
Ich arbeite Vollzeit (durchschnittlich 50 Stunden die Woche) und bin ungefähr einmal in der Woche "auf Reisen". Mittwochs ist mein langer Tag, das heißt, ich bleibe bis abends im Büro. An anderen Tagen nehme ich mir oftmals Arbeit mit nach Hause. Wenn Mascha schläft, setze ich mich noch mal für 1,5 bis 2 Stunden an den Rechner. Das ist viel! Keine Frage. Aber ich mag meine Arbeit sehr. Sonst würde ich das gar nicht schaffen.

Manchmal wird es mir trotzdem alles zu viel: Arbeit, Familie, Haushalt, Freunde, Sport, Hobbys.... Dann muss ich einen Ausweg aus dem "Funktionsmodus" und etwas Ruhe, im besten Fall Muße finden. Das ist nicht einfach; eine wirklich gute Lösung habe ich noch nicht gefunden.

Wie sieht ein ganz normaler Wochentag bei dir aus?
6.45 Uhr - der Wecker klingelt
7.00 Uhr - ich stehe auf, setze die Espressokanne auf den Herd, mache die Milch für Mascha warm, gehe unter die Dusche
7.15 Uhr - mein Mann erwacht
7.30 Uhr - Mascha steht auf; wir trinken Café bzw. Milch auf dem Sofa, kuscheln, reden
8.10 Uhr - das Anziehen und Packen beginnt (nicht selten endet es mit Wutgebrüll)
8.30 Uhr - mein Mann oder ich bringen Mascha in die Kita (mit dem Rad)
9.00 Uhr - ich komme im Büro an. Dann heißt es: Kommunizieren, Konzipieren, Kalkulieren, Präsentieren, Delegieren, Moderieren, Argumentieren und vor allem: Zuhören. Unterbrochen werden diese Routinen von kurzen Gesprächen mit Kollegen/innen, Café trinken, einem Gang zum Mittagessen und hin und wieder einer Feier oder anderen kleinen Überraschungen
18 Uhr - ich fliege aus dem Büro, schwinge mich aufs Rad und sause nach Hause (donnerstags und jeden zweiten Freitag hole ich Mascha von der Kita ab und verlasse das Büro früher)
18.30 Uhr - Ankommen, Kindertränen wegwischen, Männersorgen nehmen, Abendessen und spielen
20 Uhr - Das Zubettgeh-Ritual beginnt: Waschen, Zähneputzen, Schlafanzug, Vorlesen, Singen, Kuscheln
21 Uhr - Arbeiten oder Yoga (mittwochs) oder mit dem Mann reden oder Freunde treffen oder Rumdaddeln
00 Uhr - Schlafen

Wieviel Zeit hast du für dich - jenseits deiner beruflichen und familiären Aufgaben? Reicht sie dir?
Wenig. Aber oft reicht sie mir trotzdem. Einmal die Woche gehe ich zum Yoga.  Am Wochenende gehe ich eine Stunde laufen. 2-3 Abende im Monat treffe ich mich mit Freundinnen. Mir fehlt weniger Zeit als vielmehr Muße (wobei das natürlich eng miteinander zusammenhängt). Ich sehne mich danach, einfach mal wieder in den Tag hinein zu leben, mich von meinen Ideen und Bedürfnissen leiten zu lassen. Aus mir heraus handeln zu können, statt mich an beruflichen Aufgaben, familiären Anforderungen und kindlichen Bedürfnissen auszurichten.

Hast du dir das Muttersein so vorgestellt, wie es ist? Was hast du dir anders vorgestellt?
Die Frage ist schwer zu beantworten, da ich ja schon einen großen Sohn (19 Jahre) habe. Als ich nach 16 Jahren ein zweites Mal Mutter wurde, hatte ich daher eine recht gute Vorstellung davon, worauf ich mich "einlasse". Was ich mir damals - mit gerade 20 Jahren - vorgestellt habe, das erinnere ich nicht mehr so genau. Ich weiß nur, dass ich mit meiner damaligen Situation irgendwann sehr unglücklich war: Nach 2,5 Jahren Vollzeitmutter auf dem strukturschwachen Land war mein Bedürfnis nach Selbstbestimmung übergroß.

Was empfindest du als besonders anstrengend?
Die Machtkämpfe. Mascha ist ein solcher Dickkopf und dabei beharrlich. Sie kann stundenlang bocken, weil sie keine Socken oder nicht die Schuhe anziehen will, die wir für sinnvoll halten (siehe hier). Wenn ein Tag schon mit Streit und Gebrüll beginnt, bin ich irgendwie angeschlagen.

Was macht dich besonders glücklich?
Bei Mascha: Dass ich daran teilhaben kann, wie sie sich die Welt "erobert" - in Bildern, Rollenspielen, Fragen oder Erklärungen. Und mit ihr zu kuscheln. Das Gefühl, wie sich ihre kleinen Arme um meinen Hals schlingen und sie den Kopf auf meine Schulter legt, ist so wunderschön! Bei meinem Sohn M.: Miterleben zu können, wie er selbstständig wird und sein Leben mit großer Verantwortung nach seinen Vorstellungen gestaltet.

Welches Verhältnis hast du zum Vater deiner Kinder? Wie haben die Kinder dieses Verhältnis verändert?
M. hat einen anderen Vater als Mascha. Wir haben uns getrennt als er 2,5 Jahre alt war, aber wir haben - und das ist etwas, wofür ich wirklich dankbar bin - eine sehr gute, freundschaftliche und wohlwollende Beziehung aufbauen können. So hat sich M. nie für oder gegen ein Elternteil entscheiden müssen. Er hat mal bei mir, mal bei seinem Vater, mal bei uns beiden im wöchentlichen Wechsel gelebt - je nachdem, was für ihn gut und für uns möglich war.

Die Beziehung zu Maschas Vater hat sich mit ihr deutlich verändert. Wir haben als Eltern eine neue gemeinsame Aufgabe geschenkt bekommen und teilen die Sorgen, Hoffnungen, die Freude und das Leid, die man als Eltern so hat. Als Paar stecken wir seitdem jedoch ziemlich zurück. Die Male, die wir etwas zu zweit unternommen haben, kann ich fast an zwei Händen abzählen. Unsere Gespräche drehen sich viel um Organisatorisches - für inspirierende Diskussionen oder Zweisamkeit bleibt wenig Zeit. Die Paarbeziehung ist im Familien - und Arbeitsalltag keine Selbstverständlichkeit mehr, sondern eine echte Aufgabe: Wir müssen bewusst (Zeit-)Räume für uns schaffen.

Hast du das Gefühl, dass die Gesellschaft, die Politik, Menschen mit Kindern ausreichend unterstützt? Was müsste deiner Meinung nach besser werden?
Die Politik hat viel gemacht in den letzten Jahren, um die Situation von Menschen mit Kindern zu verbessern. Angefangen von gesetzlichen Rahmenbedingungen (Beispiel: Elternzeit und Elterngeld) über Kampagnen und Initiativen (zum Beispiel: Unternehmensprogramm Erfolgsfaktor Familie, Initiative Familienbewusste Arbeitszeiten oder Lokale Bündnisse für Familie). Und doch bleibt noch viel zu tun. Denn allen Modellen und Initiativen zum Trotz fehlt uns eine "Vereinbarkeitskultur", also eine Kultur, in der es normal ist, dass sich beispielsweise Sitzungstermine an Kita-Öffnungszeiten orientieren. Um diese Normalität zu schaffen, sind vor allem Männer und Manager (und die wenigen Managerinnen) gefragt. Erst wenn auch sie ihre Familienaufgaben ernst und die Vereinbarkeitsangebote ganz selbstverständlich in Anspruch nehmen, werden sich Kinder und Karriere, Familie und Beruf nicht mehr diametral gegenüber stehen.

Was hast du durchs Muttersein über dich und die Welt gelernt, das du vorher nicht wusstest? 
Was bedingungslose Liebe bedeutet.

Du hast 48 Stunden kinderfrei: was tust du?
Ich genieße die Stille am Morgen und die Ruhe am Abend und gehe mit meinem Mann fein essen, ins Kino und dann tanzen.

Was würdest du einer Frau sagen, die sich fragt, ob sie Mutter werden soll?
Das ist gar nicht so leicht zu beantworten, wie es auf den ersten Blick erscheint. Zuerst wollte ich schreiben "Ja!", aber dann dachte ich an all die Mütter, die mit dieser Rolle überfordert sind. Es kommt also darauf an, wer mich in welcher Situation fragt. Wenn ich den Eindruck habe, die Frau kann die Herausforderungen, die das Muttersein mit sich bringt, meistern, würde ich ihr sagen: Ja. Muttersein ist wunderschön und ein, vielleicht der schönste Weg, immer wieder aufs Neue über sich selbst hinauszuwachsen.

Danke, liebe Indre!
Hier steht etwas über die Idee der "Und wie machst du das?"-Serie und hier sind die Fragebögen von Jule Pumpe und Kati Struckmeyer.


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