UND WIE MACHST DU DAS, KATI?


Name: Kati Struckmeyer
Alter: 31 Jahre
Mutter von: Samuel, 6 Monate alt.
Stadt: München
Beruf: Medienpädagogin

Wie ist bei dir die Kinderbetreuung organisiert? Bist du zufrieden damit?
Im Moment könnte ich es mir nicht schöner vorstellen. Ich bin seit Samuels Geburt im Januar in Elternzeit. Nach den ersten, etwas anstrengenden Monaten komme ich mir jetzt fast jeden Tag vor wie früher in den großen Ferien: Schwimmbad, Picknick, Eis essen, im Café sitzen... Ich genieße jeden Tag und trotzdem fliegt die Zeit vorbei. Ab September wird dann mein Freund in Elternzeit gehen, und ich werde halbtags arbeiten. Einerseits freue ich mich schon darauf, dann mal wieder auf anderer Ebene gefordert zu sein, andererseits bin ich schon ganz wehmütig, dass unsere gemeinsame Zeit dann nicht mehr so intensiv sein wird wie jetzt. Da wir wahrscheinlich erst im Herbst nächsten Jahres einen Krippenplatz bekommen, werde ich nach den 14 Monaten Elternzeit allerdings noch einmal fünf Monate zu Hause sein und nur geringfügig arbeiten. Auf den nächsten Sommer freue ich mich schon wie Bolle: zusammen Fahrradfahren, Eis essen gehen, im Tierpark Elefanten beobachten...

Unter welchen Bedingungen arbeitest du? Wie funktioniert das für dich?
Ich bin gespannt, wie es sein wird, wenn Samuel im Herbst 2013 in die Krippe kommt. Ich werde 30 Stunden arbeiten und hoffe, dass die Balance zwischen Arbeitsalltag und Familienzeit uns Dreien dann gut gelingt. Dazu gehört, dass ich auch ein wenig von zu Hause aus arbeiten kann, was ich als großen Vorteil empfinde.

Wie sieht ein ganz normaler Wochentag bei dir aus?
Wir stehen gegen halbacht zusammen auf, dann sitzt Samuel in seiner Wippe, während ich mich im Bad fertig mache. Danach frühstücke ich, während er mir Wawaglllll-Geschichten erzählt und in seinem Hochstuhl mit seinem Knisterelefanten spielt. Während er ein kleines Vormittagsschläfchen hält, mache ich Haushaltskram. Dann gehen wir meist raus, kaufen ein und drehen eine Runde durch unser Viertel. Um 12 kriegt er dann seinen Brei und ich mache mir auch etwas zu essen. Während er Mittagsschlaf hält, lese ich gerne - meist Blogs oder Zeitschriften, hin und wieder auch Bücher - oder ich lege mich zu ihm und wir schlafen aneinander gekuschelt zusammen - ich liebe es! Nachmittags treffen wir uns oft mit anderen Mamas und Babys, im Schwimmbad, im Park oder im Café. Einige meiner Freundinnen haben fast zur gleichen Zeit ihr Baby bekommen wie ich, außerdem treffe ich mich immer noch mit den Mädels aus dem Geburtsvorbereitungskurs, was immer ein Riesenspaß ist. Abends liebe ich es, zu kochen und Musik zu hören, während Samuel in seinem Hochstuhl sitzt, mitsingt (ouhhh) und mir ganz fasziniert zuschaut - ich hoffe, dass wir nächstes Jahr dann schon zusammen kochen und backen. Zwischen 8 und halb 9 bringe ich ihn dann ins Bett und die Zeit danach gehört meinem Freund und mir - zwar sind wir dann beide meist total kaputt, genießen aber trotzdem die Zweisamkeit ganz unspektakulär auf dem Sofa. Manchmal fahre ich auch noch mit dem Fahrrad los und treffe mich mit einer Freundin - vor allem das Fahrradfahren fehlt mir sehr, da fühle ich mich immer so beschwingt und frei, dass ich ewig weiterfahren könnte. Und trotzdem bin ich dann immer ganz aufgeregt, wenn ich nach Hause komme und mich zwischen meine beiden Männer ins Bett lege - ein wunderbares Gefühl.

Wieviel Zeit hast du für dich - jenseits deiner beruflichen und familiären Aufgaben? Reicht sie dir?
Im Moment kann ich Zeit für mich noch gut mit der Zeit für Samuel verbinden, indem wir uns tagsüber zum Beispiel mit Freunden treffen, wo er einfach mit dabei ist. Wenn ich wieder arbeite, stelle ich mir gerade das schwierig vor - Freundschaften gut zu pflegen. Zeit ganz exklusiv für mich brauche ich gar nicht so viel - mittags und abends habe ich davon genug und ansonsten bin ich eher ein Herdentier und am liebsten mit den beiden zusammen unterwegs.

Hast du dir das Muttersein so vorgestellt wie es ist? Was hast du dir anders vorgestellt?
So viel habe ich mir ehrlich gesagt überhaupt nicht vorgestellt - ich bin ganz schnell schwanger geworden, nachdem wir beschlossen hatten, dass es Zeit für ein Kind wäre. In der Schwangerschaft war ich mit diesem unglaublichen Zustand beschäftigt und dann war er auf einmal da. Ich glaube, dass das aber auch ganz gut war, denn ich finde, wir sind sehr entspannte Eltern und entscheiden viel aus dem Bauch heraus. Samuel ist außerdem ein echter Sonnenschein, der mir das Muttersein jeden Tag aufs Neue zur schönsten Sache der Welt macht. Was ich mir nicht so intensiv hätte vorstellen können, ist diese unglaubliche Liebe, die man zu seinem Kind entwickelt. Man liebt es natürlich von Anfang an, aber dann wird das einfach immer noch mehr, auch wenn man es sich gar nicht mehr vorstellen kann. Selbst nach der schlimmsten durchwachten Nacht schmilzt mir das Herz, wenn er mich morgens anlacht und mit einem freudigen Glllllll begrüßt.

Was empfindest du als besonders anstrengend?
Was man sich vorher tatsächlich nicht vorstellen kann, ist die Sache mit dem Schlaf (zum Glück ahnt man vorher nichts davon). Alle haben immer gesagt, schlaf noch ganz viel, als ich schwanger war, und ich dachte, was haben die nur alle mit dem Schlafen. Aber dann ist es WIRKLICH anstrengend, das nächtliche Gewecktwerden. Im Laufe der Zeit wird es besser, aber die Müdigkeit läuft immer im Hintergrund mit.

Was macht dich besonders glücklich?
Puh, was für eine schwierige Frage. Da fällt mir so viel ein. Wenn ich nachts seinen kleinen Baby-Atem neben mir höre. Wenn er ganz konzentriert mit etwas spielt, kurz zu mir schaut und sofort anfängt, mich voller Liebe anzulächeln, um sich dann wieder konzentriert seiner Sache zuzuwenden. Wenn er die Arme nach mir ausstreckt. Wenn wir am Wochenende alle drei noch ewig im Bett liegen bleiben und Samuel uns immer beide abwechselnd anschaut, als wenn er es gar nicht fassen könnte. Wenn er losquietscht vor Lachen, weil ich ihn kitzele. Sein ganzes Sam-Sein ist einfach wunderbar und macht mich unendlich glücklich.

Welches Verhältnis hast du zum Vater deines Kindes? Wie hat das Kind dieses Verhältnis verändert?
Wir waren viereinhalb Jahre zusammen, als ich schwanger wurde und haben bis dahin unsere Zeit zu zweit in vollen Zügen genossen - Reisen, Essen, Kino. Deshalb fällt es uns beiden jetzt nicht schwer, dass unsere Zeit zu zweit so begrenzt ist. Wir genießen dafür die Zeit als Familie umso mehr. Was ich mir allerdings nicht hätte vorstellen können, ist das Leben in so unterschiedlichen Welten - wenn einer arbeitet und der andere zu Hause ist. Da ist man sich teilweise doch sehr fern, auch wenn man sich andererseits so nah ist, wie noch nie, durch das gemeinsame Kind. Wichtig finde ich, dass wir uns beide noch genauso viel Mühe füreinander geben und unsere Beziehung nicht als selbstverständlich sehen. Ich wünsche mir sehr, dass das auch so bleibt. Und freue mich schon, wenn unsere Familie irgendwann vielleicht noch größer wird.

Hast du das Gefühl, dass die Gesellschaft, die Politik, Menschen mit Kindern ausreichend unterstützt? Was müsste deiner Meinung nach besser werden?
Was für eine große Errungenschaft die Elternzeit und das Elterngeld sind, ist mir erst jetzt bewusst geworden, darüber hatte ich mir vorher noch keine Gedanken gemacht. Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir diese Möglichkeit haben. Was vielerorts noch fehlt, und das merken wir auch gerade sehr, sind natürlich gute Betreuungsmöglichkeiten, gerade für kleine Kinder. Die sogenannte Herdprämie halte ich für eine der größten Unsinnigkeiten der letzten Jahre. Was mich in Deutschland manchmal nervt, ich weiß aber nicht, wie das in anderen Ländern ist, sind ungewollte Ratschläge oder ungefragte Kritik, oft noch gepaart mit einem furchtbaren Wettbewerbsdenken - wer schläft am schnellsten durch, isst am besten und kann schon vor der Schule lesen und schreiben. Dabei kommt es auf ganz andere Dinge an - dass Kinder glücklich sind, geliebt werden und sich aufgehoben und anerkannt fühlen.

Was hast du durchs Muttersein über dich und die Welt gelernt, dass du vorher nicht wusstest?
Kinder öffnen einem viele Türen, die man ohne sie gar nicht wahrgenommen hätte. Durch dieses ganz andere Tempo, die ganz anderen Blickwinkel und ihre Unvoreingenommenheit. Ich wünsche mir, dass ich immer offen dafür sein kann und nie zu gestresst oder genervt bin, um mich mit meinem Sohn so treiben zu lassen.

Du hast 48 Stunden kinderfrei: was tust du?
Lesen! Ich habe vor der Geburt Bücher wirklich verschlungen, oft mehrere gleichzeitig. Im Moment reichen meine Zeit und meine Konzentration meist nur für kürzere Texte, so habe ich Blogs lieben gelernt. Aber mich aufs Sofa zu hauen, mit meiner Teekanne und genügend Schokolade, und mal wieder so richtig in einem Buch abzutauchen, das wäre was. Und wenn ich mich mal durchlüften will, schwinge ich mich zwischendurch aufs Rad und fahre die Isar entlang.

Was würdest du einer Frau sagen, die sich fragt, ob sie Mutter werden soll?
Es gibt nichts Vergleichbares und für mich ist es die wundervollste Erfahrung meines Lebens. Ich denke aber, dass man auch ohne Kinder ein erfülltes Leben haben kann, das muss wirklich jeder für sich selbst entscheiden. Ich dachte früher immer, dass ich nur ein Kind haben will, und das erst spät. Nun ist Samuel bei uns und ich freue mich schon jetzt darauf, dass er irgendwann Geschwister bekommen wird. Als Mutter habe ich mich noch einmal ganz neu selbst kennengelernt, auch darauf würde ich nicht verzichten wollen.

Vielen Dank, liebe Kati!
Hier steht ein bisschen etwas über die Idee der "Und wie machst du das?"-Serie und hier ist der erste Fragebogen von Hebamme Jule Pumpe.


PS: Das hat jetzt nichts mit der wunderbaren Kati zu tun, aber weil ich das eine wichtige und gute Initiative finde, ein Link zu Kill your Grill & Cool the Sand. Würde mich freuen, wenn ihr euch die Seite mal anschaut und weitersagt. Danke!

12 Kommentare:

  1. schöner post!!! danke!

    und "kill your grill" ist ja eine tolle aktion! habe noch nie und werde auch nie so einen grill benutzen (zu viel müll!!), habe mir aber auch noch nie gedanken über das problem gemacht!! krass, was da passieren kann! danke für´s teilen.

    herzgruß

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  2. wie toll, dass du *kill your grill* hier erwähnst! ich erinnere mich noch, dass ein kumpel letztes jahr genau von dem unfall erzählte, der die killyourgrill-initiatoren angestoßen hat - und ich finds total toll, was die inzwischen auf die beine gestellt haben!
    süßen gruß aus hamburch!

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  3. Finde es wundervoll, dass du Mutterglück und -frust auf deinem blog und neu auch in deinen Interviews veröffentlichst. mir hilft es in frustmomenten von anderen Müttern zu hören, dass es eben nicht immer nur Schokojob und Sonnenschein ist, sondern auch harte Arbeit, ein Stück Selbstaufgabe und dann aber auch wieder Neufindung und das grösste Glück auf Erden. Ich hätte vor der Geburt von Till nie gedacht, dass man wirklich praktisch jeden Tag an seine Grenzen stösst und dass es trotzdem jeden Abend das schönste ist mit dem Gefühl ins Bett zu gehen, die Grenzen erweitert oder überwunden zu haben und sich an seine (in meinem Fall Männer) kuscheln zu können und glücklich einzuschlafen.
    In der Schweiz hat man nur 14 Wochen Mutterschutz mit 80% Gehalt und keinen Erziehungsurlaub, ausserdem fängt der Kindergarten hier erst mit 5 Jahren an. Vaterschaftsurlaub gibt's hier nicht, man bekommt 2(!) Tage frei wenn man Papi wird... Wahrscheinlich sind deshalb hier die Steuern niedriger und die Lohnnebenkosten, man muss also mit viel Eigenverantwortung sparen, wenn man sein Kind längerfristig selber betreuen will.
    LG aus der Schweiz (auch verregnet....)
    Hanna

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    1. Liebe Hanna, mir hilft es auch immer sehr, von anderen Müttern zu lesen und zu hören. Wusste überhaupt nicht, dass es in der Schweiz nur 14 Wochen Mutterschutz gibt! Und Kindergarten ab 5 Jahren?!?! Vielleicht hättest du ja auch mal Lust, den Fragebogen zu beantworten, würde mich sehr interessieren und freuen...! Liebe Grüße! Okka

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    2. was das betrifft, sind wir bei allen Industrieländern dieser welt ziemlich hinten - quasi noch Neandertaler...
      betreffend fragebogen, wieso nicht!?! :) wie geht denn das genau vonstatten?

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    3. .. wenn Du magst, schick mir einfach eine Email, dann meld ich mich bei Dir: postanslomo@googlemail.com!

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  4. Was für ein schöner Post! Diese Serie ist so toll... Und so erfrischend mal eine Mutter zu hören, die nicht nur jammert wie stressig das Muttersein doch ist. Manchmal habe ich das Gefühl, dass die heutigen Mütter sich fast schon dafür entschuldigen, dass sie nachmittags mit dem Kind im Café sitzen und deshalb unermüdlich betonen, wie unglaublich anstrengend doch alles ist. Anstatt einfach zu sagen "es ist anstrengend, aber ich kann durchaus auch mal ein paar Stunden die Seele baumeln lassen". Es sei ihnen schliesslich gegönnt!!

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  5. Ein schönes Interview. Merci! Und happy Weekend.

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  6. °°Dabei kommt es auf ganz andere Dinge an - dass Kinder glücklich sind, geliebt werden und sich aufgehoben und anerkannt fühlen°° -> oh das werde ich mir notieren! Finde ich gut. Danke für das Interview!

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  7. ...liebe okka, vielen dank für das interview - ist immer interessant zu lesen, wie andere das alles meistern. das problem mit dem schlaf kenne ich als 2fache mutter auch, aber ja, man vergisst es dann doch wieder.

    der link zur initiative ist super - die aktion ebenso. es ist natürlich traurig, daß so etwas überhaupt nötig ist, denn eigentlich nehme ich meinen müll inkl. grill vom strand oder von wo auch immer mit bzw. entsorge das ganze ordentlich...beweist halt wieder, was für deppen so rumlaufen.

    lg und ein feines WE!

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  8. Danke für das schöne Interview mit Kati, Du hattest uns beim Nikolaus-Swap zusammengeführt. So kann ich Katis kleinen, süßen Mann auch mal sehen und in ihren Antworten steckt so viel Liebe. Viele Grüße, Viola

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