17 FRAGEN AN 2017 (UND WIE DAS JAHR FÜR MICH WAR)


2017 war das Jahr, in dem ich öfter als je zuvor das Gefühl hatte, dass alles gut ist. 2017 war das Jahr, in dem ich in mein Frühstücksmüsli geheult habe, weil ich so verdammt alle war und mich gefragt habe, ob ich je mal wieder nicht alle sein würde und weitergeheult habe, obwohl ich die Antwort darauf kannte. 2017 war das Jahr, in dem ein zweites kleines Mädchen angefangen hat, mich Mama zu nennen, naja, eher Mammam. Und jedes Mal, wenn sie es sagt, stolpert kurz mein Herz, selbst wenn sie gerade fürchterlich wütend ist und das Mammam ziemlich laut schreit, weil sie mein Handy nicht haben darf. 2017 war das Jahr, in dem die Sonntage nach Gulasch und Schnitzel geduftet haben. 2017 war das Jahr, in dem wir am Sonntagmorgen den Plattenspieler angemacht haben, und jeder durfte mal aussuchen, nur Fanny immer zweimal. 2017 war das Jahr, in dem ich mit Hedi im Tragetuch durch Paris und Amsterdam spaziert bin. 2017 war das Jahr, in dem ich mich nicht gefragt habe, ob ich eine gute Mutter bin. 2017 war das Jahr, in dem ich angefangen habe, zusammen mit Fanny Cellounterricht zu nehmen. Ich bin nicht oft zum Üben gekommen, eigentlich nie, aber Himmel, macht mich das froh. Auch diese Sonntagmorgende mit ihr, nur wir beide, zwei Celli und eine lange Busfahrt. Wie mutig und liebevoll und unschüchtern und zart sie ist. Wie sehr sie mich ihre Liebe spüren lässt. 2017 war das Jahr, in dem wir manchmal, wenn die Kinder endlich geschlafen haben und wir eigentlich auch nur noch schlafen wollten, angefangen haben, in die Dunkelheit hinein zu reden und dann immer weiter geredet haben über nichts und alles und die beiden und uns. 2017 war das Jahr, in dem ich „meine Töchter” gesagt habe, wahnsinnig oft und nie ohne Staunen. 2017 war das Jahr, in dem ich gemerkt habe, dass ich mehr Kraft habe, als ich dachte – aber meine Kraft nicht unbegrenzt ist. 2017 war das Jahr, das ein paar Mal ganz schön weh getan hat, die Frage, was genau so weh getan hat, aber zu interessanten Antworten geführt hat. 2017 war das Jahr, in dem wir in eine neue Wohnung gezogen sind, die sich erstaunlich schnell wie eine alte angefühlt hat. 2017 war das Jahr der gestohlenen Momente. Ein Essengehen mit Fanny, nur wir beide. Ein Weihnachtsmorgenbummel, ganz alleine. 2017 war das Jahr, in dem ich mich manchmal danach gesehnt habe, mal kurz alleine zu sein. Um mich sofort daran zu erinnern, wie oft ich mir früher gewünscht habe, nicht mehr so alleine zu sein. 2017 war das Jahr, in dem ich manchmal wach wurde, weil ein kleines Mädchen neben mir saß und mich angrinste, um vier Uhr morgens, und sich dann in mich hineindrehte, als wären wir noch immer ein Körper. 2017 war das Jahr der Müdigkeit. 2017 war das Jahr, in dem mein Buch endlich fertig geworden ist. 2017 war das Jahr, in dem ich unser Wohnzimmer dunkelblau gestrichen habe. 2017 war das Jahr der „Geh bitte nicht vorbei”-Momente. Und viele hatten mit Fanny und Hedi und ihrem Schwesternsein zu tun – sie in ihrem Arm, ihr Milch gebend, Hedis Glücksgurren, wenn sie morgens ihre Schwester sieht oder nachmittags, wenn wir sie von der Schule abholen, die beiden in der Küche tanzend. Überhaupt: Küchentanzen. Überhaupt: ihnen zuzusehen beim Siesein. 2017 war das Jahr, in dem ich gelernt habe, dass es okay ist, um Hilfe und Rat zu bitten, und dass einen das nicht schwächer macht. 2017 war das Jahr, in dem ich meine erste richtig gute Braten-Soße gekocht habe. 2017 war das Jahr, in dem ich angefangen habe, deutlichere Grenzen für mich zu ziehen. 2017 war das Jahr, in dem Hedi ihre ersten Schritte gegangen ist. 2017 war das Jahr, in dem ich zu oft die Geduld verloren habe. 2017 war das Jahr, das mich ganz dankbar zurücklässt. So dankbar für das alles.

Und jetzt hänge ich die Glitzer-2018 über den Küchentisch und schreibe all das, was ruhig in 2017 bleiben darf, auf einen Zettel und zünde ihn an, obwohl das albern ist, und dann schreibe ich mit einer Wunderkerze einen Wunsch in die Luft, weil ich auch daran glaube. Später, wenn alle schlafen, setze ich mich an den Küchentisch, futtere den letzten Berliner und überlege mir die Antworten auf ein paar Fragen, die ich mir ausgedacht habe, weil mir das hilft, noch einmal alles zu sortieren und zu entknoten, das Wichtige vom weniger Wichtigen zu trennen und vorfreudig zu werden. Falls es euch auch so geht – hier sind 17 Fragen an 2017. Kommt gut ins neue Jahr. Ich hoffe, es bringt euch viel Gutes.

Alles Liebe für euch. Und: nochmal danke für das alles hier.


11 Kommentare:

  1. Liebe Okka, vielen Dank für deinen Rückblick und die Fragen! Auf manche fallen mir ganz spontan Antworten ein, bei anderen lohnt es ganz sicher nachher - wenn die ganze Bande (vielleicht) dann schläft - nochmal in Ruhe nachzudenken.
    Bei mir war das Jahr 2017 in jedem Fall bunt und gefüllt mit kostbaren Momenten. Es läßt mich allerdings etwas müde zurück- und das bleibt meine große Frage fürs nächste Jahr: was kann ich dieser Müdigkeit entgegen setzen? Ich bin mir noch nicht sicher, ob kleine Veränderungen ausreichen oder doch eine größere her muss.
    In jedem Fall wünsche ich Dir, liebe Okka, einen ganz wunderbaren Start in ein erfülltes neues Jahr!
    Alles Gute, Meike

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Meike, mir geht´s ganz genau wie dir. Ich frage mich auch, was ich der Müdigkeit (jenseits von mehr Schlaf) entgegen setzen kann und wie ich es im nächsten Jahr ein besser hinkriegen kann, ein Gleichgewicht zu finden. (Keine Ahnung, ob das auch wirklich umzusetzen ist, aber die Frage selbst setzt ja vielleicht auch schon einiges in Bewegung...). Komm gut ins neue Jahr, liebe Meike! Und hab ein schönes!

      Löschen
  2. Oh, liebe Okka, wie gern lese ich Deine Worte und Sätze. Danke für so manche Anregung und Inspiration in 2017! Die 17 Fragen werde ich heute Abend versuchen zu beantworten. Ich feiere Silvester allein mit meinen drei Jungs. Sie sind 14 und 2 x 16 Jahre alt. Ich bin seit 12 Jahren alleinerziehend. Anfangs haben wir "Kindersilvester" gefeiert; mittlerweile möchten die Zwillinge zum Raclette ein Bier trinken. Früher haben sie den Silvestertag in freudiger Erwartung mit mir zusammen begangen; heute sitzen sie in ihren Zimmern und hören ihre eigene Musik.
    Ich fürchte, dass ich mich 2018 noch mehr mit dem Thema Abnabelung und Loslassen beschäftigen muss. Das tut ein bisschen weh, obwohl ich mir doch wünsche, dass die drei selbständig und stark werden.

    Komm gut rein ins neue Jahr. Ich freue mich jetzt schon auf Deine nächsten Posts!

    Deine Sanne

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Sanne, 12 Jahre alleinerziehend mit drei Kindern – ich ziehe sowas von meinen Hut vor dir. Und ich kann mir so gut vorstellen, wie das auch ein wenig weh tut (so toll es auch ist, ihnen beim Großwerden zuzusehen – mich zwickt es hier auch schon das eine oder andere Mal). Ich wünsch dir alles Gute für 2018. Und ich winke heute Abend einmal durch die Nacht zu dir rüber! Alles Liebe!

      Löschen
  3. So ein schöner zärtlicher Blick auf das vergehende Jahr. So wie nur du (be-)schreiben kannst – eine (Be-)Schreibweise, von der ich immer wieder ein Stückchen dazu lerne. Danke dafür.

    Ein gutes 2018 euch vieren – in dem wir hoffentlich alsbald einen Kaffee zusammen trinken. Herzlich, I.

    AntwortenLöschen
  4. Liebe Okka,
    Dankeschön für diesen Jahresrückblick, einfach wieder so Okkaschön geschrieben. Ich feiere heute den Abend mit meinen Lieben; es gibt Fondue, wir machen draußen einen Feuerkorb und schauen ein paar Folgen Alf, das ist bei uns Tradition. Und um Mitternacht schicke ich das alte Jahr weg, frohgemut, denn es war schön und schwer und anstrengend und vollgepackt mit besonderen Menschen und Erfahrungen.
    Ich wünsche Dir und Deinen Lieben ein neues Jahr voller Liebe, Freude, Glück und Gesundheit.
    Herzliche Grüße
    Angela

    AntwortenLöschen
  5. Oh Okka, was für ein wundervoller Text. Ich bin so froh, dass du dein Schreiben und deine Gefühle mit uns teilst. Menschen wie du, die echt berühren und sich echt berührt zeigen, sind meine Sterne im riesengroßen Online-Kosmos <3 Auf 2018!

    AntwortenLöschen
  6. Liebe Okka,

    danke für deine schönen und berührenden Worte und diesen wunderbaren Ort, den du schreibend und zeigend hier für uns im Netz schaffst! Den 17 Fragen widme ich mich gerade Tag für Tag und ganz in Ruhe...

    Zufällig gesehen und an dich gedacht; eine Geige und Hedi und ein schöner Text über eine beeindruckende Frau http://www.tagesspiegel.de/berlin/nachruf-auf-hedi-gigler-dongas-geb-1923-nie-wieder-diese-geige/19823432.html

    Dir und deinen Lieben ein wunderbares und glückliches neues Jahr!

    Herzlichst
    Franziska.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Franziska, danke für deine so herzlichen Worte und danke für diesen Nachruf. Ich hatte von Hedi Gigler-Dongas vorher nie gehört und fand diesen Text so toll und beeindruckend. Komm gut in dieses Jahr! Alles Liebe! Okka

      Löschen
  7. Danke, liebe Okka! Viele deiner Texte rühren mich zu Tränen. Meistens vor Freude oder Ehrfurcht oder Liebe. Dieser hat irgendwie von allem etwas. Und seit ich selbst Mama bin und ich deine Texte über deine Töchter (!) lese geht das Gefühl beim Lesen noch viel tiefer ins Herz. Danke dafür und für 2018 alles was du dir wünschst!

    AntwortenLöschen

« »

Slomo All rights reserved © Blog Milk Powered by Blogger