PARIS
Fünf Tage alles eigentlich bloß immer nur in Zeitlupe gemacht. Gegangen. Weiter gegangen. Abgebogen. In diese Straße hinein. Und in diese. Keinem Plan folgend, bloß einem Gefühl. Im Café gesessen, ein paar Seiten gelesen, eine Postkarte geschrieben, noch ein paar Seiten gelesen. Einfach nur da gesessen und geguckt. Am Nebentisch sitzt ein Paar mit einem Baby. Das Baby schläft im Kinderwagen, das Paar hält Händchen und sagt nichts. Man sieht ihnen ihre Müdigkeit an und ihr Glück, ich vermisse Fanny, ich vermisse sie ganz schrecklich. Irgendwie erwartet, dass das eine ganz große Sache wird mit dem endlich wieder Ich, ganz groß und mit Ausrufezeichen, aber das Alleine-Ich ist auch gar nicht anders als in Berlin, nur weniger müde und ein bisschen entspannter, irgendwie beruhigend. Und ein bisschen langweilig. Zeit zu haben ist schön. Dinge ganz langsam zu machen ist schön. Ganz langsam zu frühstücken. Ganz lange in der Badewanne zu liegen. Überhaupt eine Badewanne zu haben und nicht nur eine Dusche. Ganz in Ruhe etwas anzuprobieren. Am Ufer der Seine entlang zu gehen und auf die Uhr zu schauen und drei Stunden sind vergangen. Das Licht und die Farben hier, als hätte jemand die Stadt ein paar Mal zu oft gewaschen, wunderschön. Jedes Mal, wenn ich die Tür aufschließe das Gefühl, nach Hause zu kommen, zu Hause zu sein. Ich liebe es, eine Küche zu haben und ein Regal voller Bildbände, eine CD-Sammlung und eine Nachbarin, die jedes Mal "Schhhhhh" sagt, sobald sie mit ihren Hunden das Treppenhaus betritt, "Schhhhhh" und sie bellen trotzdem. Bis zur Seine sind es zwei Minuten. Bis zum Louvre zehn. Bis zu meiner Lieblingsbäckerei fünf Minuten. Es ist schön, allein zu sein. Und auch merkwürdig. Die Stadt ist voller Wirs, beschrieben mit unserer Geschichte. Da vorne haben wir letzten Sommer mit Fanny im Park gesessen und gepicknickt. Hier haben wir eine Strickjacke für sie gekauft, da war sie noch in meinem Bauch. Hier haben wir immer Kaffee getrunken. Nach zwei Tagen fühle ich mich plötzlich leicht, so leicht wie schon seit Monaten nicht mehr. Keine Wolke am Himmel, keine Verantwortung, für gar nichts. Ich kaufe mir knallrote Lippenstifte und eine Bluse und zwei Hosen und ein Paar Schuhe, goldene Schuhe, und ein Armband und bereue gar nichts. Ich überlege, ins Kino zu gehen, gehe dann aber doch wieder ins Café. Zum Abendessen gibt es Brot und Ziegenkäse, Kaffee-Eclairs und Macarons. Ich schaue mir den Bildband von Carine Roitfeld an. Ich schaue mir drei Folgen "Downton Abbey" an. Der Mann zeigt mir auf Skype das schlafende Kind und ich wische mir eine Träne weg und bin sagenhaft glücklich, keine anderen Sorgen zu haben, als meine Herde zu vermissen. Ich gehe noch einmal raus, an die Seine, ich mag dieses gelbe Licht der Pariser Straßenlaternen, ich mag, wie still es mitten in der Stadt plötzlich ist, ich stelle mich auf den Pont des Arts, gucke auf die Eiffelturmspitze und versuche, diesen Moment auswendig zu lernen. Am letzten Morgen fahre ich noch hoch nach Montmartre zum Hotel Amour, der Ort, wo meine Paris-Liebe vor ein paar Jahren begann, auf einen Cheeseburger und einen Blick auf dieses eine Wort, das diese Stadt so perfekt beschreibt, und mein Gefühl und überhaupt alles. Amour.
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du und deine texte, ihr rührt mich. snief. so schön, okka.
AntwortenLöschenHach, so schön geschrieben. Hab grad heute deinen Artikel über den Wohnungstausch in der Nido gelesen und gleich gedacht, dass ich noch nie in Paris war. Und dass ich da unbedingt mal hin muss. Und jetzt denke ich das noch ein bisschen mehr. So schön.
AntwortenLöschenich hab es geahnt, Okka, ich hätte mitfliegen müssen, dann wären wir in die Clubs gegangen. Wie konntest Du diese Chance ungenutzt lassen, tanzen zu gehen, in die Bars??? Ich verstehe die Welt nicht mehr...
AntwortenLöschenNächstes Mal machst Du das nicht mehr alleine, Liebes!
Gute Nacht :o)
Mailis
oh la la. liebe okka, so wie du paris beschreibst, da hält man es kaum noch eine minute länger hier aus und will sofort dorthin. schön, dass du ein paar tage in zeitlupe hattest. umso schöner, dass du einen wunderbaren grund hattest zurückzukehren: deine herde.
AntwortenLöschendanke für deine schönen texte. wie ein französisches chanson plätschern sie dahin. immer wieder herrlich zu lesen.
DAS ist schön.
AntwortenLöschenUnd ich werde meinen Unterarm auch bemalen.
Oh Okka, das hast du total schön beschrieben, diese angenehme Art des Alleinseins, wenn man endlich mal wieder ein bisschen Zeit für sich und keine Verpflichtungen im Kopf hat ... es fühlt sich vielleicht auch ein bisschen merkwürdig an, aber tut doch überwiegend einfach nur gut, man hat mal wieder in sich hinein gehorscht und ist danach mit sich im Reinen ;) Hoffe, das du dieses Gefühl auch gleich mit nach Hause genommen hast! Liebste Grüße und noch eine tolle Woche, Theresa
AntwortenLöschenDu berührst. Danke für so viel Gefühl.
AntwortenLöschenIst immer wieder gut, den Tag mit Dir zu starten. Jetzt war ich auch ein bisschen in Paris! Schöne Grüße, Wiebke
AntwortenLöschenTränen. Ganz viele. Glückstränen und Tränen der Rührung.
AntwortenLöschenAch, Okka, Du schreibst so ehrlich und triffst damit genau diesen einen Punkt, der all das aufsaugt und zu einem unbeschreiblich schönen Gefühl umwandelt.
Bitte, bitte schreibe Bücher. Ganz viele, in denen ich mich dann verlieren kann und die ich meinem kleinen Mädchen jeden Abend stundenlang vorlese!
Liebsten Dank für die Postkarte mit dem wundervollsten Motiv. Du bist wunderbar!
„Das Licht und die Farben hier, als hätte jemand die Stadt ein paar Mal zu oft gewaschen, wunderschön.“
AntwortenLöschen„… ich stelle mich auf den Pont des Arts, gucke auf die Eiffelturmspitze und versuche, diesen Moment auswendig zu lernen.“
So schöne Sätze! Und ich mag das bildhafte deiner Sprache sehr. Danke, dass du mich kurz mitgenommen hast nach Paris!
Liebe Grüße, Isabell
Wunderschön geschrieben! Ich will auch so gerne nochmal nach Paris, hach!
AntwortenLöschenIch stimme MS Fisher voll und ganz zu: Ja, bitte, bitte, schreib Bücher. Ich würde mir auch ein Pixibuch von dir kaufen :-)
AntwortenLöschenZauberhaft... danke
AntwortenLöschenIsabel
Ach liebe Okka,
AntwortenLöschenwieder so anrührend. So, als wäre man dabei gewesen, hätte neben dir gesessen und mit dir zusammen Paris erlebt. So schön schreibst du, wie ein Fluss. Es geht schnell vorbei, man wird nicht müde, es zu lesen. Wie etwas, was man erlebt hat. Nicht gelesen hat. Wie eine Geschichte aus einem Buch.
Okka, ich glaube, du könntest auch den Besuch eines Metallteilezubehör-Werkverkaufes in Lüdenscheid so beschreiben, dass man unbedingt mit dir dort sein möchte. Und in Paris umso mehr. Jedes Mal, wenn ich von dir und Paris lese, will ich dort sein, könnte mir nichts Schöneres vorstellen, als mit dir im Café zu sitzen, zu bummeln, zu schauen, goldene Schuhe (übrigens ein Knaller!) zu kaufen und so weiter.
AntwortenLöschenIch weiß nicht, wie du diese Worte findest, aber dieses Talent ist der Wahnsinn. Denn deine Worte sind Seelenstreichler. Immer und immer wieder.
... "und versuche, diesen Moment auswendig zu lernen."
AntwortenLöschenDas ist sher schön formuliert. Und genau das versuche ich, hier in Berlin, jeden Tag zu machen, und überhaupt mit meinen kleinen Kindern. Ich bemühe mich echt, aber leider gelingt es mir nicht immer, diese schönen Augenblicke als gesicherte Kopie auf meiner eigenen internen Fastplatte auf Dauer zu speichern...
Oh Okka,
AntwortenLöschendas ist einer der weltschönsten Liebesbriefe, danke dass Du uns in Dein Herz schauen lässt.
Liebe Grüße
Stephanie
ach okka, wie ist das schön! vielen dank für diesen herzberührenden einblick in deine zeit in paris!!!!
AntwortenLöschenliebste grüße und umarmungen von jenny
einfach nur schööööön....
AntwortenLöschenParis ist wirklich einfach toll! Du hast echt ein Talent zu schreiben! Ich hatte gleich das Gefühl ich wäre da!
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