Angefangen hat alles auf einem Kurztrip nach Paris. Das war nicht so romantisch wie es klingt: Ich hatte plötzlich eine allergische Reaktion, meine Haut wurde feuerrot, fing an zu brennen und zu jucken wie verrückt. Es wurde so schlimm, dass wir einen Arzt ins Hotel rufen mussten, der mir eine Kortison-Spritze verpasst hat. Der Tag war natürlich erst mal gelaufen und ich total deprimiert. Ich konnte absolut nicht nachvollziehen, worauf ich so reagiert hatte und, was noch bedenklicher war, warum das mittlerweile schon zum dritten Mal innerhalb weniger Monate passiert war.
Dieser Vorfall hat mich zum Umdenken gebracht. Ich hatte in den letzten Jahren einen unglaublich stressigen Job beim Fernsehen und meine Gesundheit komplett vernachlässigt. Häufige Kopfschmerzen, chronische Hautprobleme und immer neue Allergien waren die Folge, generell fühlte ich mich ständig erschöpft und gleichzeitig voller innerer Unruhe. Ich musste also umdenken. Zuerst kam die Ernährung, dann hab ich allerdings gelernt, dass der Körper Giftstoffe auch über die Haut aufnimmt, und so habe ich meine Pflegeprodukte im Bad mal genauer unter die Lupe genommen. Das war der Schlüsselmoment! Nach einer kurzen Recherche zu den Inhaltsstoffen war klar, dass ich nicht in der Küche Konservierungsstoffe und Chemie umgehen konnte, um sie mir kurz darauf im Bad wieder auf die Haut zu schmieren.
Was wolltest du stattdessen?
Eine ganz einfache, natürliche Körperpflege mit so wenig Inhaltsstoffen wie möglich – eine Art Reset für die Haut. Die gab's im Handel aber nicht, also besorgte ich mir unzählige Bücher und fing an, meine Kosmetik selbst herzustellen. Aber die Bücher waren größtenteils sehr altbacken und die Rezepte gelangen nicht immer. Da dachte ich darüber nach, einfach selbst ein Buch mit meinen Rezepten herauszubringen. Eine gute Freundin gab mir den Kontakt zu einer Literaturagentin und innerhalb weniger Wochen hatte ich plötzlich einen Buchvertrag mit dem GU Verlag. „The Glow” erschien dann im Februar 2015.
Wie einfach oder steinig war dann der Weg bis zur Gründung?
Rückblickend ging das irgendwie fast wie von selbst. Viele Freundinnen waren von der Idee, Naturkosmetik selbst herzustellen, total begeistert, aber es scheiterte dann oft an der Beschaffung der Öle und Pflanzenbuttern. Klar, die gibt's ja leider nicht überall zu kaufen. Da war mir klar, dass ich das als Service anbieten wollte: Naturkosmetik-Rezepte und die passenden Inhaltsstoffe dazu im Internet vertreiben. Ich hab das in meiner Elternzeit angefangen, aber dann wurde schnell klar, dass ich das nicht alleine stemmen kann und ich habe mir Unterstützung an Bord geholt, jetzt sind wir ein gut eingespieltes Dreierteam. Es war viel mehr Arbeit als gedacht, aber ich freue mich immer noch wahnsinnig, wenn ich bei uns im Onlineshop sehe, wo wir unsere Produkte überall hin verkaufen.
Was ist die Idee von „The Glow”? Und wie funktioniert das Konzept?
Die Idee ist, Naturkosmetik aus reinsten, natürlichen Zutaten selbst herzustellen, und „The Glow” macht das so einfach wie möglich. Auf unserer Seite findet man Rezepte, die passenden Rohstoffe gibt's mit nur einem Klick im Set dazu. So muss man sich die Zutaten nicht mehr mühsam zusammensuchen. Wir haben sogar extra Video-Tutorials gedreht, um die Rezepte noch verständlicher zu machen. Unser inoffizielles Motto ist „Radically green” – sprich: keine unnötigen Inhaltsstoffe, keine Synthetik, keine Tierversuche oder unnötiger Verpackungsmüll aus Plastik.
Was ist in euren Produkten enthalten – und was nicht?
Ich sehe Kosmetik als Nahrung für die Haut, und was man nicht in den Mund nehmen würde, sollte man auch nicht auf die Haut auftragen. Wir Frauen kommen allein über unsere Hautpflege mit über 100 Chemikalien in Kontakt – und das jeden Tag! Wenn man mal auf die Rückseite seiner Pflegeprodukte schaut und sich die Inhaltsstoffe anschaut, wird schnell klar, dass der Großteil davon synthetisch hergestellt ist. Ich glaube, es ist kein Wunder, dass immer mehr Menschen unter Allergien, sensibler Haut oder Problemhaut leiden. Unsere Produkte sind deswegen nur reinste Bio-Öle, Blütenwasser, Pflanzenbuttern und ätherische Öle. Wenn man sich damit nach meinen Rezepten seine individuelle Naturkosmetik zusammen mischt, weiß man also genau, was im Produkt ist: 100% Natur.
Was ich mich als totaler Laie auf diesem Gebiet frage: Sind natürliche Inhaltsstoffe eigentlich immer besser als künstlich hergestellte? Gibt es dazu wissenschaftliche Erkenntnisse oder folgst du dabei deiner Intuition und deinem Gefühl?
Dazu das beantworten zu können müsste man untersuchen, wie ein natürlicher Inhaltsstoff im Vergleich zu einem künstlichen Äquivalent abschneidet. Also zum Beispiel: Ist die feuchtigkeitsspendende Wirkung von Aloe Vera besser als die von Propylenglykol? Keine Ahnung. Ich weiß auch nicht, ob das jemand mal im direkten Vergleich untersucht hat, aber ich entscheide mich im Zweifelsfall immer für die seit Jahrtausenden etablierte und gut erforschte Heilpflanze als für einen chemischen Stoff, der unter anderem auch als Frostschutzmittel eingesetzt wird...
Was ich mich als totaler Laie auf diesem Gebiet frage: Sind natürliche Inhaltsstoffe eigentlich immer besser als künstlich hergestellte? Gibt es dazu wissenschaftliche Erkenntnisse oder folgst du dabei deiner Intuition und deinem Gefühl?
Dazu das beantworten zu können müsste man untersuchen, wie ein natürlicher Inhaltsstoff im Vergleich zu einem künstlichen Äquivalent abschneidet. Also zum Beispiel: Ist die feuchtigkeitsspendende Wirkung von Aloe Vera besser als die von Propylenglykol? Keine Ahnung. Ich weiß auch nicht, ob das jemand mal im direkten Vergleich untersucht hat, aber ich entscheide mich im Zweifelsfall immer für die seit Jahrtausenden etablierte und gut erforschte Heilpflanze als für einen chemischen Stoff, der unter anderem auch als Frostschutzmittel eingesetzt wird...
Warum lohnt es sich, Kosmetik selbst zu machen, wenn es bereits eine große Auswahl von Naturkosmetikprodukten gibt?
Das Problem ist, dass der Markt für grüne Kosmetik sehr unübersichtlich geworden ist. Und es hilft auch nicht, dass der Begriff Naturkosmetik nicht geschützt ist. Viele Marken wirken durch geschicktes Marketing harmloser als sie eigentlich sind. Beim genauen Blick auf die Inhaltsstoffe finden sich dort trotzdem noch eine Menge Chemikalien, und erschreckend viele davon gelten als gesundheitsgefährdend. Natürlich gibt es auch einige gute Naturkosmetikmarken, aber die meisten verwenden in ihren Rezepturen sehr viel Wasser, das bedeutet im Produkt stecken demnach auch viele Emulgatoren und Konservierungsstoffe. Oft mag ich auch den Duft nicht – von der Verpackung ganz zu schweigen. Von daher halte ich es wie beim Kochen: je einfacher und natürlicher, desto besser – ein paar tolle Pflanzenöle, Sheabutter, Rosenwasser, mehr braucht's für mich eigentlich nicht.
Wie sieht es denn preislich aus: Ist es auf Dauer günstiger oder teurer, Kosmetik selbst herzustellen?
Kommt darauf an, welchen Anspruch man an seine Kosmetik hat. Reguläre Kosmetik – egal welcher Marke – besteht zum größten Teil aus Wasser und Chemie, deswegen kann man sie verhältnismäßig günstig anbieten. Was nicht heißt, dass teure Kosmetik automatisch besser wäre – gängige große Marken verwenden praktisch die gleichen wasserbasierten Rezepturen, verpacken sie aber besser. Wer bei seiner Kosmetik auf gute pflanzliche Inhaltsstoffe und hohe Qualität achtet, muss etwas mehr ausgeben. Trotzdem ist selbst hergestellte Naturkosmetik sehr viel preiswerter als vergleichbare Produkte im Handel, ich vergleiche das immer mit zu Hause kochen vs im Restaurant essen. Wenn man sich einen Grundstock an Rohstoffen mal zugelegt hat, kann man damit sehr viele Produkte herstellen.
Kann das auch ein Anfänger ohne Vorwissen?
Ja, das kann wirklich jeder Anfänger ohne Hintergrundwissen. Kosmetik selbst anrühren ist einfacher als zum Beispiel kochen oder backen!
Wie sind denn deine Erfahrungen mit selbstgemachter Kosmetik: Bist du mittlerweile komplett umgestiegen oder ergänzt du? Und hast du bestimmte Lieblingsprodukte, auf die du schwörst?
Ich bin mittlerweile komplett auf Eigenproduktion umgestiegen, aber manchmal lasse ich mich von anderen hochwertigen Naturkosmetik-Marken doch verführen, etwas Neues auszuprobieren. Meistens, weil mir die Verpackung oder der Duft gut gefallen – da bin ich leider sehr anfällig und gebe gerne auch mal sehr viel Geld aus. Zuhause in München mache ich um den Laden Organic Luxury einen großen Bogen, denn es fällt mir echt schwer, ohne Tütchen da raus zu kommen. Aber wenn das Produkt wirklich gut ist, mache ich beim nächsten Mal meine eigene Version davon und passe es für meine Bedürfnisse an. Das ist ja das Schöne am Selbermachen: Man kann den Duft, die Konsistenz, einfach alles selbst wählen. Mein aktuelles Lieblingsprodukt ist ein Serum aus Arganöl, Wildrosenöl, Nachtkerzenöl und Weizenkeimöl, das lässt die Haut richtig strahlen. Ich mische das mit ein bisschen Rosenwasser und massiere es etwa eine Minute lang auf der Haut ein, das gibt noch mal extra Feuchtigkeit.
Wie verträglich sind eure Produkte? Gibt es bestimmte Inhaltsstoffe, bei denen man vorsichtig sein sollte, wie sieht es beispielsweise mit ätherischen Ölen aus?
Generell ist selbstgemachte Kosmetik für Allergiker und Leute mit sensibler Haut ein echter Segen. So weiß man nämlich genau, was im Produkt steckt und kann klassische Problemzutaten wie künstliche Duftstoffe einfach weglassen. Aber im Prinzip ist es wie bei Lebensmitteln, man kann auch gegen Öle und Pflanzenbutter allergisch sein. Wer mit Allergien zu kämpfen hat, sollte vielleicht die einzelnen Produkte mal in der Ellenbeuge testen. Wenn sich nach 24 Stunden keine Reaktion zeigt, ist alles okay.
Ätherische Öle muss man immer mit Basisöl verdünnen, sie sind hoch wirksam und können die Haut reizen, wenn man sie pur aufträgt. Besonders Schwangere und Säuglinge sollten bei ätherischen Ölen vorsichtig sein. Aber in geringer Dosis sind sie auch hier ein toller Inhaltsstoff. Ich habe zum Beispiel während meiner Schwangerschaft und später für mein Baby ein Balm mit Lavendelöl verwendet, den Duft verbinde ich auch heute noch mit dieser wunderschönen Zeit.
Hast du zum Schluss noch ein Lieblingsrezept, das man zu Hause ganz leicht und ohne großen Aufwand nachmachen kann?
Puh, schwierige Entscheidung. Wie wär's mit einem Scrub, den kann man sofort zu Hause ausprobieren. In der Basic-Variante nehme ich einfach fünf Esslöffel Meersalz und verrühre es mit etwa fünf Esslöffeln Bio-Pflanzenöl. Oliven- oder Sonnenblumenöl sind dafür zum Beispiel perfekt geeignet und das hat fast jeder in der Küche. Mit dem Scrub einfach unter der Dusche gut abreiben und ihr habt hinterher superzarte, rosige Haut. Man kann natürlich auch ätherische Öle wie Grapefruit, Minze oder Rosmarin hinzufügen, die kurbeln die Durchblutung an und duften unglaublich gut. Oder man mischt einen Esslöffel Honig unter, der spendet Feuchtigkeit. Übrigens sind Scrubs auch eine super Last-Minute-Geschenkidee.
Vielen Dank für das Gespräch, liebe Anita.
Die Website und alle Anleitungsvideos findet ihr hier. Alle Fotos und das Video: „The Glow”. Das Portraitfoto oben ist von Jochen Arndt/ GU.
Die Website und alle Anleitungsvideos findet ihr hier. Alle Fotos und das Video: „The Glow”. Das Portraitfoto oben ist von Jochen Arndt/ GU.
ein feines interview. ich bin ja ganz und gar naturkosmetikfrau und würde mittlerweile auch nichts anderes mehr benutzen. fürs selberrühren bin ich zu verwöhnt mit den ganz fein ausgeklügelten sachen, aber ich finde die idee fein und grunsätzlich alles begrüßenswert, was ein umdenken in eine nachhaltige und für mensch und umwelt gesunde richtung vorantreibt.
AntwortenLöschenDas klingt nach einem Buch für den Wunschzettel. Danke für das Interview Okka. Ich habe kürzlich Arganöl für mich entdeckt. Meine Haut liebt es und fühlt sich praller an. Ich gebe es nach dem waschen, auf die noch feuchte Gesichtshaut. Der Geruch ist ein bisschen gewöhnungsbedürftig, aber inzwischen fällt er mir kaum mehr auf. Happy weekend Okka!
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