ÜBER FEHLGEBURTEN SPRECHEN


Ob wir das Leben nur deswegen bewältigen können, weil wir versuchen, möglichst wenig daran zu denken, wie viel Schmerzen und Unglück in ihm existieren und wie oft zwischen Helligkeit und Dunkelheit nur Wimpernschläge liegen? Ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht, ob es uns besser ginge, wenn wir darüber sprächen, welche Dunkelheiten wir in unserem Leben kennengelernt haben und von welchen wir bei anderen wissen und ahnen. Wahrscheinlich könnte man das Leben schwer aushalten, würde man nicht immer wieder das tun, was verdrängen genannt wird. Doch nie darüber zu sprechen, macht auch einsam und mutet jenen, die ein Unglück erlitten haben, noch ein zweites zu – die Isolation.

 „Von allen befruchteten Eizellen kommt es nur in etwa 30 Prozent zu einer Lebendgeburt”, sagt die Kinderwunsch-Expertin Dr. Gülden Halis, geschäftsführende Ärztin im Kinderwunsch- und Endometriose-Zentrum Berlin in einem Interview auf der neuen Website „Das Ende vom Anfang”. Es ist eine bestürzende Auskunft. Weil sie einen daran erinnert, wie viele Fehlgeburten es gibt. Was wahrscheinlich der Grund dafür ist, warum man über sie nur so selten und oft hilflos redet. Man hat keine Ahnung, wie man damit umgehen kann. Man weiß, dass das Reden kein Baby zurückbringen kann. Und ahnt, dass auch Trost oft daran erinnert, was untröstlich ist. 

Die Journalistin Julia Stelzner hat sich trotzdem dazu entschlossen, die Initiative „Das Ende vom Anfang” zu gründen. Weil die Stille oft noch viel trostloser ist. Diese Stille, die aus Hilflosigkeit, Weitermachenmüssen, Nicht-an-Schmerzen-erinnern-Wollen so tut, als wäre das Unglück erst gar nicht geschehen und es deswegen nicht an- und ausspricht. „Fehlgeburten sind hart. Vor allem, wenn man sich alleine damit vorkommt, weil man gefühlt nur von Baby-Partys und glücklichen Neumüttern umgeben ist, während man sich selbst wie ein Versager fühlt. Dabei haben es rein statistisch so viele Frauen erlebt”, sagt Julia Stelzner. Ihre Website möchte daran endlich etwas ändern. Auf „Das Ende vom Anfang” erzählen Frauen von ihren Fehlgeburten. Und davon, wie sie ihre Fehlgeburten überlebt haben. Sie erzählen von ihren Erfahrungen und ihrer Traurigkeit, aber auch davon, was ihnen aus ihrem Tief wieder herausgeholfen hat. Ich lese darin und mir wird ganz kalt. Und ganz warm von ihrer Tapferkeit, von all dem zu erzählen – Leserinnen, denen dasselbe und doch ihr ganz eigenes Unglück passiert ist, zu sagen, dass sie nicht alleine sind, dass es andere Menschen gibt, die wissen, wie schwer das ist und dass man den Schmerz vielleicht nie wieder ganz los wird, aber irgendwann aushält. „Ich würde mir wünschen, dass noch mehr Frauen über ihre Fehlgeburten sprechen. Geteiltes Leid ist tatsächlich so etwas wie halbes Leid und je mehr Frauen es am Ende sind, desto weniger ungewöhnlich oder gar ausgrenzend fühlt sich eine solche Erfahrung an”, sagt Julia Stelzner.

Weil mich ihre Seite so beeindruckt und mich in den letzten Wochen sehr beschäftigt hat, habe ich der Hebamme Kareen Dannhauer einige Fragen gestellt, die ich im Kopf hatte. Vielleicht interessieren euch ihre Antworten ja auch.

Fehlgeburten sind gar nicht so selten. Immer sind sie eine Katastrophe und ein großer Schock für die betroffenen Frauen. Die Zahlen darüber, wie häufig das passiert, variieren sehr stark. Woran liegt das?

Kareen Dannhauer: Eine konkrete Zahl ist hier gar nicht so einfach, wie man denken mag – in der Literatur gibt es tatsächlich unterschiedliche Angaben. Das liegt auch daran, dass Schwangerschaften heute schon so früh diagnostiziert werden, nicht selten von den Frauen selbst zu Hause, schon am Tag vor der erwarteten Regel. Viele Fehlgeburten sind ganz, ganz frühe Anlagestörungen, die man früher, vor der Ära der bildgebenden Verfahren, gar nicht als intakte Schwangerschaft diagnostiziert hat. Wenn man alle diese Schwangerschaften mitzählt, liegt die Quote bei etwa 15 Prozent aller angelegten Schwangerschaften, die nicht zur Geburt eines Babys führen. Schlägt allerdings das Herzchen in der 7. Schwangerschaftswoche, enden danach nur noch 3–4 Prozent mit einer Fehlgeburt. Eine andere Zahl: Man geht davon aus, dass etwa 20 Prozent aller Frauen mit Kinderwunsch in ihrem Leben mindestens eine Fehlgeburt erleben.

Trotzdem wird über dieses Thema nur selten geredet. Wie erklärst du dir das? 

Ich glaube, dass der Kinderwunsch immer ein sehr persönliches Thema ist, das uns alle mit existenziellen Themen konfrontiert, von Beginn an. Und es ist auch etwas sehr Privates. Frauen, die nicht sofort nach dem Absetzen der Pille schwanger werden, kennen das: Sie wollen nicht auf jeder Party die Phasen des Übens kommunizieren und ob es nun endlich geklappt hat. Druck macht man sich sowieso schon selbst, das braucht man dann nicht auch noch von außen. Und wenn es dann klappt mit dem Schwangerwerden, ist für viele Menschen die Idee zwangsläufig: „Ohhhh… und in neun Monaten haben wir dann unser Baby im Arm“. Dass die Natur manchmal knallhart und wenig romantisch Darwins Gesetzen folgt, ist uns in unserer kontrollierten Welt oft schlicht nicht mehr klar. Und dann wird uns diese Selbstverständlichkeit plötzlich genommen und damit ganz viel in Frage gestellt. Und wir sind sehr verletzlich. 

Wir leben heute ein ziemlich durchgeplantes Leben und jede Planänderung anderer Mächte erleben wir als Kontrollverlust und auch als Infragestellen unserer nach Perfektion strebenden Welt – manchmal auch unserer eigenen Selbstwahrnehmung. Schicksal ist in unserem Plan meist nicht enthalten. Und oft erleben Frauen ihre Fehlgeburt auch in einer Phase, in der die Schwangerschaft noch ein Geheimnis war. Beides gleichzeitig zu verkünden: „Ich war schwanger, aber jetzt übrigens nicht mehr” – das ist für viele Frauen auch keine Option. Aber, und das legen ja die 20 Prozent von oben nahe: Wenn man anfängt, darüber zu reden, stellt man fest: Ich bin nicht allein.

Was ist zu tun, wenn man eine Fehlgeburt hat – und was nicht?

Erst einmal muss man diese schreckliche Nachricht verdauen. Die meisten Fehlgeburten versammeln sich in der Gruppe der sogenannten „Missed Abortion“, die verhaltene Fehlgeburt. Es gibt also oft keinerlei Symptome, die die Frau von außen spürt – wie etwa Wehen oder Blutungen. Bei der zweiten oder dritten Vorsorgeuntersuchung wird dann einfach festgestellt, dass das Baby sich nicht weiter entwickelt hat und kein Herzschlag (mehr) zu sehen ist. Das kann und will man überhaupt gar nicht wahrhaben und glauben. Das Baby ist gegangen, einfach so? Eben war doch noch alles gut und man hat schon über Vornamen nachgedacht. Da braucht das Realisieren einfach Zeit, und es ist oft enorm hilfreich für die Frauen zu wissen, dass sie jetzt erst einmal gar nichts machen müssen. Außer irgendwie wieder Boden unter die Füße zu kriegen und sich in dieser dumpfen Taubheit alle Gefühle zu gestatten. Und dann in Ruhe sacken lassen, was jetzt die nächsten Schritte sein können. Ganz sicher muss man nicht mit dem Zettel, der einem dann in die Hand gedrückt wird, noch unter Schock stehend in die Klinik fahren, um sich dort wenige Stunden später auf dem OP-Tisch wiederzufinden.

Als Alternative zu einer Ausschabung gibt es auch die Möglichkeit, eine natürliche „Kleine Geburt” in Erwägung zu ziehen. Was genau ist das und was spricht für diesen Umgang mit einer Fehlgeburt?

Im Prinzip kann man sagen, dass es in fast allen europäischen Ländern mit einer qualitativ guten medizinischen Betreuung die absolute Regel und nicht die Ausnahme ist, dass Frauen eben keine Ausschabung bekommen. Ich bin mir sehr sicher, dass sich auch hierzulande in den nächsten Jahren einiges tun wird, dazu sind die Zahlen einfach auch klar genug. Immerhin 98 Prozent aller Frauen brauchen keine sogenannte Curettage. Der Vorteil ist ganz klar der, dass die Gebärmutter keinem Verletzungsrisiko ausgesetzt wird. Selbst bei einer Saug-Curettage werden die Ecken der Gebärmutter noch mit einem kleinen Löffel nachcurettiert. Das ist nicht schlimm, aber grundsätzlich meist schlicht unnötig. Es ist natürlich Quatsch, davon auszugehen, dass Frauen prinzipiell einen Arzt brauchen für einen häufigen, irgendwie dann doch natürlichen Prozess, mal evolutionsbiologisch betrachtet.

Alternativ kann man auch ganz banal: Warten, eventuell unterstützt durch verschiedene naturheilkundliche Maßnahmen. Das dauert oft, eher Wochen als Tage, aber dann löst der Körper das von allein. Für viele Frauen ist das lange Warten schwierig, es geht aber prinzipiell. Viel häufiger, und das ist das übliche Vorgehen etwa in den Benelux-Ländern, der Schweiz oder Skandinavien, ist eine medikamentöse Ausleitung der Fehlgeburt. Dafür wird das Medikament Minoproston (etwa Cytotec®) vaginal oder oral gegeben. Über 95 Prozent aller Frauen haben dann innerhalb von 48 Stunden eine spontane und vollständige Fehlgeburt, es beginnen also Wehen und Blutungen. Das geht bei guter Betreuung ganz wunderbar zu Hause, man muss nicht einmal ins Krankenhaus dazu.

Wie ging es den Frauen, die du in diesem schwierigen Moment begleitet hast?

Ausnahmslos alle Frauen, die ich mit Fehlgeburten betreut habe, waren unglaublich dankbar, diesen schlimmen Verlust zumindest autark und gut begleitet zu durchleben. Das Prozesshafte lässt auch die Seele irgendwie mitgehen. Es ist nicht: Narkose, Aufwachen, Baby weg, Gebärmutter leer. Es bleibt viel mehr Raum für Trauer, Abschied und all das, was dazu gehört. Und das wichtige Gefühl: Auch das kann mein Körper irgendwie, und er kann es weitgehend alleine.

Leider wird vielen Frauen von dieser Alternative gar nicht oder nur unter ferner liefen erzählt, weil noch nicht viele Gynäkologen Erfahrungen damit haben. Die „Machen-wir-schon-immer-so-Curettage” ist leider immer noch die Regel. Vielen Frauen ist tatsächlich nicht klar, dass dieser Weg nicht zwangsläufig ist und sie die Zeit haben, in Ruhe zu entscheiden.

Wie kann man sich überhaupt unterstützen lassen?

Viele Frauen sind auch so allein, weil es wenig Betreuungsstruktur gibt. Beim Gynäkologen geht es schnell um die fachlich-sachlichen Dinge der medizinischen Umgehensweisen. Wer ist also zuständig? Eine Antwort, die Frauen oft gar nicht auf dem Zettel haben: Wir Hebammen. Ruf eine an, gleich und sofort. Nicht alle Kolleginnen betreuen Frauen mit frühen Fehlgeburten, aber mehr und mehr. In diesem Umfeld mit persönlicher Betreuung kann eine Fehlgeburt das sein, was es ist: eine intensive und bleibende biographische Erfahrung, der eine gute Begleitung, medizinisch und menschlich, gebührt.

Viele Frauen, die eine Fehlgeburt haben, suchen hinterher nach Gründen bei sich selbst oder fragen sich, ob sie etwas falsch gemacht haben...

Ja, natürlich, so sind wir gestrickt. Menschen brauchen Erklärungen, und am liebsten Ursache-Wirkungsbeziehungen. Es ist einfach so unerklärlich, warum bloß? Eben war doch noch alles gut! Aber genau so ist das manchmal. Es gibt keine Erklärung auf dieser Ebene, außer: Das kommt eben vor. Es sollte einfach irgendwie nicht sein. Es ist wichtig, auch das als Teil des Gesunden und Normalen, aber eben nicht Perfekten – denn so ist unser Leben nicht – zu akzeptieren. Es lag nicht an dem Glas Cremant, das du getrunken hast, bevor du überhaupt wusstest, dass du schwanger warst. Es lag nicht am anstrengenden IKEA-Besuch oder am Streit mit deinem Mann. Jetzt zum Fertilitätsspezialisten oder Humangenetiker zu rennen, bringt ebenfalls gar nichts, außer, dass wir mit Aktionismus unserer Verzweiflung zu begegnen versuchen.

Was kann deiner Erfahrung nach denn helfen, wenn sich alles nur noch leer und traurig anfühlt? Was gibst du den Frauen mit auf den Weg?

Diese Leere ist wichtig, denn sie ist real. Das Baby ist gegangen, und auch das war real. Und nichts scheint an dessen Stelle zu treten. Es gab einen errechneten Entbindungstermin, dazu passend die Vorstellung, mit dem Kinderwagen durch den Park zu spazieren und ganz versonnen winzige Babysöckchen anzugucken. Mutter oder Nicht-Mutter – da gibt es ja auch kein Dazwischen. Von jetzt auf gleich wird man wieder zurückkatapultiert. Das braucht alles Zeit, Erholung, Trauer in all ihren Phasen, mit Aufs und Abs. Und durch die muss man auch durch, eine wirkliche Abkürzung gibt es da leider nicht.

Betroffen sind in dieser Situation auch die Väter. Wie trauern sie? 

Auch das ist sicher so individuell wie alles. Aber anders als in meinen Wochenbettbetreuungen sind Männer viel weniger Teil dieses Prozesses – und auch viel weniger anwesend. Die müssen am nächsten Tag ja auch gleich wieder arbeiten. Dazu kommt der körperliche Unterschied. Väter konnten das Schwangersein und das Baby selbst noch nicht spüren – und so war das Baby möglicherweise noch eine viel theoretischere Idee, als es für die Frauen der Fall war. Manchmal fällt es ihnen deshalb leichter, sich im Alltag wieder zu orientieren. Manchmal trägt diese unterschiedliche Art von Trauer zum Sich-Unverstanden-Gefühl einiger Frauen bei. Aber natürlich gibt es auch Männer, die am Boden zerstört sind und über Tage gar nicht aufhören können zu weinen.

Wie kann man Freundinnen unterstützen, die eine Fehlgeburt hatten? Gibt es richtige (oder falsche) Worte?

Das ist für alle Beteiligten schwierig. Für richtige oder unrichtige Worte gibt es vor allem sehr unterschiedlich begabte Menschen. „Ach, beim nächsten Mal klappt es bestimmt” oder „Es war ja noch gar kein richtiges Baby” wird hoffentlich kein halbwegs fühlender Mensch aussprechen. Aber auch mit einem selbst macht es ja was, wenn die Freundin eine Fehlgeburt hat. Erstens trauere ich mit. Zweitens habe ich auch meine eigene Geschichte, wie auch immer die aussieht. Und drittens ist das Schwangersein in gewissen Lebensspannen verortet, die manchmal gleichzeitig stattfinden. Da wollte man gerade verkünden, dass man schwanger ist und die beste Freundin hat eine Fehlgeburt. Und nun? Darf ich mich über mein Baby rückhaltlos freuen? Darf ich ihr zumuten, dass sie sich mit mir freuen soll? Viele betroffene Frauen können das nicht gut und brauchen erst einmal Rückzug. Plötzlich schlägt einem mit voller Wucht entgegen, dass „alle ein Baby kriegen, nur man selbst nicht“. Man sieht überall dicke Bäuche und Kinderwägen. Das ist schrecklich. Es hilft betroffenen Frauen sicher, wenn dieser Rückzug akzeptiert wird und mit empathischem Dasein beantwortet wird.

Wie schnell darf oder kann man deiner Erfahrung nach wieder schwanger werden?

Der Körper ist klug und regelt das im Prinzip von selbst. Neuere Studien sagen, dass es keine Vorteile hat, eine willkürliche Zeit, etwa drei Monate – dieser Zeitraum geistert manchmal noch umher – mit einer neuen Schwangerschaft zu warten. Dazu haben die Paare meistens ein klares Gefühl von Vorstellbarkeit. Einige Frauen brauchen Zeit für die Verarbeitung, andere weniger. Und einige Gebärmütter warten nur auf die nächste Gelegenheit – andere brauchen offenbar länger. Auch das Alter spielt sicher eine Rolle: Eine bislang kinderlose 38-Jährige wird möglicherweise nicht ein halbes Jahr lang diverse Eisprünge verpassen wollen, da tickt die Uhr manchmal ein bisschen lauter.

Und wie stehen die Chancen, nach einer Fehlgeburt eine ganz normale Schwangerschaft zu erleben?

Gut. Ganz und gar gut. Bei allem, was es an persönlicher Tragödie für eine Frau bedeutet, ein Baby zu verlieren, ist es einfach auch Teil des natürlichen Prozesses. Dass es eben manchmal nicht klappt, scheint zu unserer Fruchtbarkeitsbiografie im Leben als Frau mit dem Kinderkriegen irgendwie auch dazuzugehören. 


Kareen Dannhauer ist seit über 20 Jahren Hebamme und arbeitet als freiberufliche Hebamme in Berlin. Ihr Schwangerschafts-Ratgeber „Guter Hoffnung – Hebammenwissen für Mama und Baby” ist gerade im Kösel-Verlag erschienen.

Julia Stelzner schreibt als freie Mode- und Reisejournalistin zum Beispiel für die FAZ, die ZEIT, Harper´s Bazaar oder Elle. Im September ist ihr neues Buch „Wie wir kochen: Die besten Foodblogs und ihre leckersten Rezepte” bei Prestel erschienen. Sie lebt in Berlin.

Die Website „Das Ende vom Anfang” ist hier zu finden. Wer gerne seine Geschichte erzählen möchte (oder darüber nachdenkt und sich gerne austauschen würde) erreicht Julia unter unter der Email: hallo(at)dasendevomanfang(dot)de.

11 Kommentare:

  1. Vielen Dank für diesen wirklich guten Beitrag! Ich selbst habe vor zwei Wochen in der 12. SSW erfahren, dass das Herz meines Babys aufgehört hat zu schlagen. Am Sonntag hat sich unser Kindchen dann auf den Weg gemacht. Eine sehr emotionsreiche Zeit liegt hinter uns.
    Viele Grüße Yvonne

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    1. Liebe Yvonne, das tut mir schrecklich leid. Ich denke an euch. Und schicke die liebsten Grüße. Okka

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  2. Hallo, eine Freundin hat mich hierher gewiesen, denn wir haben kürzlich über dieses Thema gesprochen.

    Sicher ist es ein wichtiger Beitrag, denn ich glaube auch es ist für viele Frauen (und auch Männer) wichtig ist, dass über Fehlgeburten gesprochen wird, denn es gibt sie viel.

    Ich selber hab auch zwei erlebt, aber war sehr froh, nicht oder kaum darüber zu sprechen müssen. Für mich war es etwas sehr Privates und ich ich habe bewusst mit niemandem außer meinem Partner, Eltern und besten Freundin darüber geredet.

    Aber auch von meinen Sohn (er kam 11 Monate nach der ersten Fehlgeburt ) und über die gesunde Schwangerschaft mit ihm habe ich nicht viel mit anderen gesprochen. Persönlich stört mich eher, wenn andere Frauen viel über ihre Schwangerschaft reden und Notizen und Erfahrungen vergleichen müssen... aber das bin wohl ich persönlich und meine introverterte Art. Ich war immer angestrengt und fühlte mich in der Intimsphäre verletzt, wenn andere mich ausgefragt haben oder ihre Erfahrung teilen mochten.
    Was ich sagen will: Sprechen ist für viele gut, aber es darf nicht gezwungen kommen und erwartet sein.

    Sorry für mein nicht perfektes Schriftdeutsch!

    Christina

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    1. Liebe Christina, ich kann total gut verstehen, wenn man darüber lieber nicht redet und ganz bei sich bleibt. Ich hoffe, dieser Beitrag hat bei dir nicht den Eindruck erweckt, als würde er eine Erwartungshaltung an jemanden richten. Von meinem Gefühl her geht es weniger um ein darüber reden müssen, als um ein darüber reden können – wenn man das denn möchte. Herzliche Grüße und alles Liebe für euch! Okka

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  3. Ich hatte zwei Fehlgeburten hintereinander. Mit hat der Erfahrungsaustausch mit anderen Frauen sehr geholfen, das Erlebnis in Perspektive zu setzen. Es ist wohl eher die Ausnahme, wenn man nie eine Fehlgeburt hat. Bei meinem ersten Kind wurde ich sofort schwanger, durfte eine wunderbare Schwangerschaft und Geburt erleben. Die Fehlgeburten ein paar Jahre später haben mir dann vor Augen geführt, dass das ein großes Glück und nicht selbstverständlich war. Drei Monate nach der zweiten Fehlgeburt war ich wieder schwanger und die ersten Wochen hatte ich das Gefühl, auf rohen Eiern zu gehen. Erst langsam konnte ich aufatmen und die Schwangerschaft genießen. Ich weiß es viel mehr zu schätzen, dass alles gut gegangen ist.

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    1. Liebe Elisabeth, es ist wirklich ein großes Glück und nicht selbstverständlich. Danke fürs Teilen deiner Gedanken. Ich wünsch dir eine gute Woche! Okka

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  4. Gutes und wichtiges Interview. In einem Punkt bin ich anderer Meinung. Es bringt schon etwas, nach einer Fehlgeburt zum Fertilitätsspezialisten und Humangenetiker zu gehen. Ich hatte eine Fehlgeburt in der 22. SSW und danach wurde festgestellt, dass Ursache hierfür eine Blutgerinnungsstörung war. So konnte ich bei der nächsten Schwangerschaft die entsprechenden Medikamente nehmen. Wissen hilft immer. Das ist kein blinder Aktionismus. Es gibt nicht immer eine Ursache für Fehlgeburten, manchmal aber doch. Ich hätte ohne diese Untersuchungen weitere Fehlgeburten gehabt.

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    1. Liebe Anonyma,
      ich kann Dich sehr gut verstehen. Immer dann, wenn wir eine Erklärung für zunächst Unerklärliches haben, geht es uns besser und wir bekommen das Handeln und die Kontrolle zurück. In Deinem Fall konnte man eine Ursache finden und sinnvolle medizinische Maßnahmen ergreifen, Du konntest mit gerinnungshemmenden Medikamenten die Gefahr einer erneuten Fehlgeburt selbst in die Hand nehmen und deutlich senken. Danke, liebe Medizin.

      Zwei Dinge vielleicht zur Erklärung.
      In dem Interview spreche ich im Wesentlichen von den ganz frühen Fehlgeburten, also verabschiedeten Kindern etwa zwischen der 6. und 10. Schwangerschaftswoche, in dem sich 90% aller Fehlgeburten ereignen. Es ist für unsere Emotionswelt vollkommen egal, wie groß oder klein unser Baby im Bauch ist. Hinsichtlich der medizinischen Hintergründe würde man aber Fehlgeburten, frühe oder späte, unterscheiden. Nicht nur im Hinblick der Geburt des Babys, auch in der folgenden Diagnostik und Konsequenzen.

      Es ist letztlich nie möglich, grundsätzlich zu raten: Das "sollte" man tun und das nicht. Die Fachgesellschaften für Gynäkologie und Geburtshilfe empfehlen keine grundsätzliche Diagnostik nach einer einzelnen Fehlgeburt, weil es eben häufig und gleichermaßen "natürlich" ist, dass es Fehlgeburten gibt, auch wenn es die Art von Natur ist, die uns erstmal brutal erscheint.

      In meiner Begleitung schaue ich immer gemeinsam mit den Eltern, was sinnvoll sein könnte. Eine Geburt in der 22. Woche würde ich immer eher als "frühe Frühgeburt" ansehen, die einen ganz anderen Umgang sinnvoll erscheinen lässt. Und da würde man sich sehr viel genauer schauen. Weil eine Fehlgeburt in der 22. SSW tatsächlich ungewöhnlich ist. Selten. In der 8. SSW aber eben nicht.

      Im Interview war es mir wichtig, den Blick dorthin zu lenken, dass wir viele Dinge nicht wissen und nie wissen werden, und dass es eine wichtige Erfahrung in unserem Leben ist, zu lernen, dass wir nie alles unter Kontrolle haben können. Und dass ein "Warum" dann nur quälend sein kann, weil es sehr wahrscheinlich keine Antwort darauf gibt. Und dass die Medizin eben nur ganz selten eine Antwort hat - so wie in Deinem Fall. Dass es dann ein Segen ist, ist gar keine Frage.

      Alles Gute <3 Kareen.

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    2. Liebe Kareen, vielen Dank für die differenzierte und ausführliche Antwort. Es stimmt, dass es für viele frühe und auch späte Fehlgeburten keine Erklärung gibt und auch mit umfangreicher medizinischer Diagnostik keine geben wird. Ich fände es nur insgesamt gut, wenn man als Betroffene nach einer Fehlgeburt die Wahl hat, ob man sich weiter untersuchen lässt oder nicht. Beides sollte akzeptiert werden. Ich musste um weitere Untersuchungen kämpfen, da es auch meine erste Fehlgeburt war und ich mir von vielen Seiten (auch Ärzten) anhören lassen musste, dass das Kind dadurch auch nicht mehr lebendig wird. Und selbst wenn es nach der Diagnostik für mich keine Erklärung gegeben hätte, weiß ich, dass für mich persönlich im Heilungsprozess diese Untersuchungen so oder so unglaublich wichtig gewesen wären. Bei einer Fehlgeburt ganz am Anfang meiner Schwangerschaft hätte ich vermutlich aber auch keine Untersuchungen veranlasst. Liebe Grüße und alles Gute für Ihre Arbeit. Hebammen sind unglaublich wichtig, gerade auch bei stillen Geburten und danach.

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  5. Liebe Okka,
    ich finde es sehr wichtig, über das Thema Fehlgeburten zu sprechen, habe aber selbst die Erfahrung gemacht, dass Gespräche nicht immer helfen. Mir hat etwas anderes geholfen und davon möchte ich gern kurz berichten: Meine älteste Tochter war vier, als ich wieder schwanger wurde. Ich habe mir damals sehr weitere Kinder gewünscht, zweifelte aber auch an der Beziehung zu ihrem Vater. In der zehnten Woche stellte die Gynäkologin fest, dass sich das Embryo nicht weiterentwickelt hatte. Meine kleine Tochter, die ich völlig unbedarft mitgenommen hatte, schaute mich erschrocken an, während die Ärztin bereits einen Termin für die Ausschabung am nächsten Morgen vereinbarte. Schon das Aufschreiben dieses Wortes fällt mir heute noch schwer, damals wusste ich gar nicht, wie mir geschieht. Nicht einmal 24 Stunden später war ich wieder zu Hause und nicht mehr schwanger.
    Alle waren anfangs sehr lieb zu mir und verständnisvoll und ich dachte nach ein drei, vier Wochen, das Schlimmste sei überstanden. Doch dann ging es erst richtig los. Ich habe ständig geweint und konnte gar nicht mehr damit aufhören. Ich glaube, dass die Mischung aus Schuldgefühlen, weil ich an der Schwangerschaft gezweifelt hatte, das Zusammenreißen vor meiner kleinen Tochter bei der Ärztin, um sie nicht noch mehr zu erschrecken, und die Geschwindigkeit, die die Ärztin vorgegeben hat, zu einem Knoten in mir geführt haben, den ich nicht alleine lösen konnte. In meinem Kopf war mir das alles klar, das ergaben auch die Gespräche mit meinen Freundinnen, aber das Weinen blieb – während das Verständnis der anderen langsam schwand.
    Dann hörte ich von einer Hebamme, die sich auch um solche Fälle kümmert. Sie hat mich in ihr Gartenhaus eingeladen, wo sie mir nicht nur zugehört hat, sondern mit mir gemalt und getöpfert (!) hat. Ich weiß, wie absurd das klingt und sagte auch zu der Hebamme, dass ich professionell mit Kunst zu tun habe und so etwas mit mir nicht funktionieren würde. Hat es aber. Ich war vielleicht vier oder fünf Mal bei dieser wunderbaren Frau, die mir so sehr geholfen hat, diesen Knoten zu lösen und meine Trauer und meinen Verlust zu überwinden.
    Gestern ist meine älteste Tochter 18 geworden und ich habe mit meinem zweiten Mann noch zwei Kinder bekommen, die heute neun und zehn Jahre alt sind.
    Es ist mir ein Anliegen, den so wichtigen Rat von Kareen Dannhauer, sich in einer solchen Situation an eine Hebamme zu wenden, mit einem persönlichen Erlebnis zu unterstützen. Und Slomo ist mir einfach vertrauter, als eine fremde Homepage, so begrüßenswert ich die Initiative von Julia Stelzner auch finde.
    Vielen Dank, liebe Okka, dass Du hier den Rahmen dafür geschaffen hast.
    Katrin

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    1. Liebe Katrin, tut mir so leid, dass du das alles durchleben musstest. Das klingt nach einer ganz tollen Frau. Danke, dass du das hier teilst. Ich wünsch dir alles Liebe! Okka

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